Das maritime Entdeckungszeitalter im 18. Jahrhundert brachte einen enormen Wissensschub. Besonders Frankreich und Großbritannien kämpften auf den Weltmeeren um Wissen. Es wurden Pflanzen- und Gesteinsproben, tierische sowie menschliche Zeugnisse gesammelt und Küsten oder Meerestiefen vermessen. Riesige Sammlungen entstanden; Kartographen, Ethnologen, Botaniker und Geographen, vornehmlich männliche, waren an der Auswertung, Systematisierung und Klassifizierung beteiligt. Forschungsreisende wurden zentrale Akteure im Kampf um die "Entdeckung der Welt". Das Beobachten, Beschreiben, Sammeln, Einordnen, Sortieren und Vergleichen waren kennzeichnende empirisch-wissenschaftliche Tätigkeiten, die von den Reisenden und Forschenden praktiziert wurden. Doch nicht nur die botanische oder geologische Sphäre wurde erforscht, zunehmend geriet der Mensch ins Blickfeld der Forschenden. Erste Rassentheorien entstanden auf Basis empirischer Daten.
Im Seminar werden diese Inhalte, nach einer Verortung sowie Erschließung der theoretischen Perspektive, durch eine praxeologische, quellenbasierte Herangehensweise erschlossen. Die methodische, mikroskopische Herangehensweise an Praktiken erlaubt es, diese Wissensgeschichte in ihrem „Gemacht-Worden-Sein“ zu verstehen und hinter die eurozentrische Perspektive zu leuchten. Des Weiteren wird die Gestaltbarkeit des Sozialen durch die Parallelität verschiedener Möglichkeiten ersichtlich. Überraschung, Irritation, Bewältigung und Affektivität treten hervor. Durch die praxeologische Perspektivierung werden Möglichkeitsräume von Veränderung und Kritik sichtbar und möglicherweise neue Paradigmen von Sinn- und Deutungsstrukturen situationsspezifisch erkenntlich.
Bourdieu, Pierre, The Logic of Practice, Stanford 1990, p. 52-65.
Dietz, Bettina, Aufklärung als Praxis. Naturgeschichte im 18. Jahrhundert, in: Zeitschrift für historische Forschung 36 (2009), Nr. 2, S. 235–257.
Giddens, Anthony, The Constitution of Society. Outline of the Theory of Structuration, Berkeley/Los Angeles 1984.
Mariss, Anne, Globalisierung der Naturgeschichte im 18. Jahrhundert. Die Mobilität der Dinge und ihr materialer Eigensinn, in: Debora Gerstenberger/Joël Glasman (Hg.), Techniken der Globalisierung. Globalgeschichte meets Akteur-Netzwerk-Theorie (Histoire Band 78), Bielefeld 2016, S. 67–93.
Reckwitz, Andreas, Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. Eine sozialtheoretische Perspektive, in: Zeitschrift für Soziologie 32 (2003), Nr. 4, S. 282–301.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-2.1 Theoriemodul | Grundseminar Theorien in der Geschichtswissenschaft | benotete Prüfungsleistung
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Studieninformation |
25-FS-EM Einführungsmodul | E2: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | |
E3: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | ||
25-FS-GM Grundlagenmodul | E2: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | |
E3: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.