War die Geschichte des Zarenreichs, Sowjetrusslands und der frühen Sowjetunion besonders gewaltaffin? In einem Land, das bis 1864 keine öffentlichen, mündlichen Gerichtsverfahren, keine unabhängigen Richter, wohl aber Lynchjustiz, Pogrome, Revolten, Revolutionen, Zarenmord und Terrorismus kannte, schien kein staatliches Gewaltmonopol zu existieren, Gewalt vielmehr alltäglich, ubiquitär und nicht eingehegt. Während die Historische Orientierung über die Russische Revolution von 1917 problem- und forschungsorientiert in die Revolutionsgeschichte einzuführen versucht, greift das Seminar den Gewaltaspekt heraus und bindet diesen in einen breiteren Kontext und eine längere zeitliche Perspektive ein: das „Continuum of Crisis“ bzw. „Continuum of Violence“ – wie die suggestiven Formulierungen der Historiker Peter Holquist und Robert Gerwarth lauten. Könnten die Gewaltpraktiken der bol’ševiki beispielsweise nicht als das Paradoxon gedeutet werden, durch ultimativen Gewalteinsatz diese ein für allemal zu überwinden, um das Himmelreich auf Erden für den „Neuen Menschen“ zu verwirklichen? Das Seminar setzt sich zum Ziel, die Bandbreite des Gewaltbegriffs zu thematisieren und verschiedene konzeptionelle Zugriffe auf den Themenbereich Gewalt zu erörtern.
Das Revolutionsjahr 1917 hat wie kaum ein anderes Ereignis historiographische Kontroversen hervorgerufen, deren Politisierung nur langsam nachgelassen hat. Im Seminar werden wir zunächst zentrale Ereignisse, Akteure, Umbrüche und Kontinuitäten im Revolutionsjahr 1917 in den Blick nehmen. Dabei werden wir auch gesellschaftliche Prozesse des ausgehenden Zarenreiches berücksichtigen, um die revolutionären Ereignisse zu verstehen.
In einem zweiten Schritt werden wir zu verschiedenen Themen wichtige historiographische Positionen herausarbeiten. Dazu wird auch gehören, zeitgenössische Darstellungen und Rezeptionen zu analysieren.
Baberowski, Jörg, Räume der Gewalt, Frankfurt/M. 2013.
Bauman, Zygmunt, Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit. Aus dem Englischen v. Martin Suhr, Frankfurt/M. 1995.
Sofsky, Wolfgang, Traktat über die Gewalt, Frankfurt/M. 1996.
Waldmann, Peter, Terrorismus: Provokation der Macht, München 1998.
Schnell, Felix, Ordnungshüter auf Abwegen? Herrschaft und illegitime Gewalt in Moskau 1905-1914, Wiesbaden 2006.
Schnell, Felix, Räume des Schreckens: Gewalt und Gruppenmilitanz in der Ukraine 1905-1933, Hamburg 2012.
Wiese, Stefan, Pogrome im Zarenreich: Dynamiken kollektiver Gewalt, Hamburg 2016.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mo | 10-12 | U2-113 | 17.10.2016-10.02.2017
nicht am: 26.12.16 / 02.01.17 |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-3.2 Hauptmodul Moderne
3.2.4 |
Historische Orientierung | Studieninformation | |
22-3.8 Wahlfreies Hauptmodul
3.2.4 |
Historische Orientierung | Studieninformation | |
25-FS-EM Einführungsmodul | E2: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | |
E3: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | ||
25-FS-GM Grundlagenmodul | E2: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | |
E3: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Frauenstudien | (Einschreibung bis SoSe 2015) | ||||||
Geschichtswissenschaft (Gym/Ge) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | 3.2.4 | 1 |