Trotz der unbestreitbar großen Veränderungen, die zwischen dem 11. und dem 16. Jahrhundert zu verzeichnen sind, gilt dieser Zeitraum im Vergleich zum 18. bis 20. Jahrhundert als starr und unflexibel. Diagnostiziert man für die ‚klassische Moderne‘ auf fast allen Gebieten – sei es technologischer oder gesellschaftlicher Art – eine enorme, kaum bewältigbare Dynamik, so kommt das Hoch- und Spätmittelalter, selbst wenn die Renaissance einbezogen wird, nach Meinung Vieler vergleichsweise behäbig daher. Von besonderem Interesse sind solche Einschätzungen für das Seminar dort, wo sie für die Moderne nicht auf Einzelphänomene verweisen (Dampfmaschine, Französische Revolution), sondern gesellschaftliche Strukturen in Anschlag bringen.
Das Seminar stellt diese Ansicht auf den Prüfstand. Dabei wird es nicht darum gehen, sich die in Vielzahl jener einzureihen, die gegen das ‚dunkle Mittelalter‘ anschreiben und etwa bedeutenden technologische Entwicklungen in der Vormoderne herauszustellen. Auch geht es nicht darum, in einem quasi-romantischen Gestus die Beschleunigungen in der Moderne zu verteufeln.
Ziel des Seminars ist es, Thesen zur Veränderungen im Hoch- und Spätmittelalter, die tatsächlich oder vermeintlich auf die Moderne verweisen (Säkularisierung, Wissensgesellschaft, europäische Expansion, Zunahme an Freiheit …) kritisch zu hinterfragen und mit neuen, differenztheoretischen Ansätzen zu konfrontieren. Dabei werden einerseits klassische mediävistische Themen (Investiturstreit, Ordensgründungen, Universitäten, Adelsgruppen und Stadtgesellschaft) aufgegriffen und vor dem Hintergrund neuer theoretischer Angebote miteinander in Beziehung gesetzt. Ziel ist es, in der Vormoderne Dynamiken zu identifizieren, die auf ihrer segmentär-stratifikatorischen Struktur aufruhen, gleichwohl jedoch über sie hinausweisen.
Hinweis: Begleitend zum Seminar findet Do., von 14-16 Uhr, der Kurs „Auf dem Weg in die Moderne?“ statt. Beide Veranstaltungen können jedoch auch eigenständig besucht werden.
- Luhmann, Niklas, Die Gesellschaft der Gesellschaft, Bd. 2, 2 Bde., Frankfurt/M. 1997 (insbes. Kap. 3 und 4).
- Melve, Leidulf, 'The Revolt of the Medievalists'. Directions in Recent Research on the Twelfth-Century Renaissance, in: Journal of Medieval History 32 (2006), S. 231-252.
- Oexle, Otto Gerhard, Die funktionale Dreiteilung der 'Gesellschaft' bei Adalbero von Laon, in: Frühmittelalterliche Studien 12 (1978), S. 1-54.
- Rexroth, Frank, Die Einheit der Wissenschaft und der Eigensinn der Disziplinen. Zur Konkurrenz zweier Denkformen im 12. und 13. Jahrhundert, in: Deutsches Archiv 67,1 (2011), S. 19-50.
- Schmidt, Hans-Joachim (Hg.), Tradition, Innovation, Invention. Fortschrittsverweigerung und Fortschrittsbewusstsein im Mittelalter (Scrinium Friburgense. Veröffentlichungen des Mediävistischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz) Berlin - New York 2005.
- Schulz, Günther (Hg.), Sozialer Aufstieg. Funktionseliten im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Buedinger Forschungen zur Sozialgeschichte 2000/2001 (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit 25) München 2002.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-M-4.2 Mastermodul Vormoderne | Masterseminar | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
22-M-4.4.2_ver1 Profilmodul "Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit" | Masterseminar | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
22-M-4.5 Forschungsmodul | Masterseminar | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | 4.2.4 | Wahlpflicht | 9 | scheinfähig | ||
Geschichtswissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Modul 4.5 | Wahlpflicht | 4 | scheinfähig | ||
Politische Kommunikation / Master | (Einschreibung bis SoSe 2013) | 3.3 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 2 LP zusätzlich) |