250246 Kulturelle Differenzen ohne „Kulturen“ denken. Zur kritischen Berücksichtigung kultureller und ethnischer Verschiedenheit in pädagogischen Kontexten (S) (WiSe 2018/2019)

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Gegenwärtige Zeitdiagnosen wie die von Andreas Reckwitz in seinem Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten“ oder die von Isolde Charim in ihrem Werk „Ich und die Anderen“ gehen davon aus, das sich unsere Gesellschaft zunehmend singularisiert und pluralisiert. Vieles was einst für selbstverständlich gehalten wurde, wie das Geschlecht, die Klassenposition, die Religion oder auch die kulturelle Zugehörigkeit erscheinen heute optional und verhandelbar.
Die Pluralisierung von Lebensformen und Identitäten wirft Fragen auf und stellt Pädagogik und Bildung vor schwierige Aufgaben. Wie stark prägen kulturelle und soziale Einflüsse das Denken und Verhalten von Menschen? Welche Differenzen sollen in welcher Art und Weise in pädagogischen Zusammenhängen thematisiert und berücksichtigt werden? Gerade der Bezug auf kulturelle Differenz erweist sich dabei als schwierig und zweischneidig. So wird beispielsweise von Lehrer*innen einerseits erwartet, dass sie kultursensibel agieren, Diskriminierung von Minderheiten bekämpfen und Schüler*innen Möglichkeiten verschaffen, ihre kulturellen und religiösen Zugehörigkeiten zum Ausdruck zu bringen (z.B. in Form von Mehrsprachigkeit oder Islamunterricht). Andererseits laufen sie schnell Gefahr, kulturelle Unterschiede festzuschreiben, Konflikte zu ethnisieren und das Individuum lediglich als Träger einer Kultur zu betrachten, wenn sie Kultur als Beobachtungs- und Deutungsschema im Unterricht verwenden. Besonders die kritische Migrationsforschung problematisiert den Bezug auf Kultur, denn ihrer Ansicht nach ist kulturelle Identität ein Trugschluss, da es keinen Konsens in Werte-, Deutungs- und Sinnfragen gibt.
Doch die vielfältigen Lebensweisen, Identitätspolitiken und symbolischen Ordnungsstrukturen, mit denen wir es heute zu tun haben, machen eines klar: Kultur ist eines der wichtigsten gesellschaftlichen Felder, auf dem um Anerkennung, Zugehörigkeit und Macht gerungen wird. Zwar wird ein homogener, statischer und identitärer Kulturbegriff zu Recht zurückgewiesen, aber die Subjekte produzieren und konstituieren durch ihre Praktiken, Deutungsweisen und Zugehörigkeitsgefühle ständig kulturelle Identitäten und Differenz.
Daher ist es Ziel des Seminars, mit Hilfe eines kritischen, an den cultural studies und den Poststrukturalismus angelehnten Kulturbegriffs, Wege und Möglichkeiten zu erkunden, wie Kultur in pädagogischen Settings reflexiv berücksichtigt und sinnvoll thematisiert werden kann. Wie können wir uns beispielsweise kollektive Kategorien wie Ethnizität, Kultur, Nation, Klasse oder Geschlecht aneignen, sie bewohnen und uns mit ihnen identifizieren, ohne Andere per se auszugrenzen, abzuwerten oder zu diskriminieren? Dabei stellt uns das postkoloniale Verhältnis von Minderheiten- und Dominanzkulturen vor besondere Herausforderungen, denn die Selbstpositionierungen finden in einem von Macht und Herrschaft strukturierten Raum statt. Im Fokus steht die Frage, wie das Deutungsschema „Kultur“ ohne Bezug auf einheitliche Nationalkulturen in der pädagogischen Praxis zum Verständnis und zur Anerkennung aber auch zur Dynamisierung und Dekonstruktion kultureller Identitäten genutzt werden kann.
Dazu sollen aktuelle Konzepte zur Interkulturalität, Transkulturalität und interkulturellen Kompetenz vorgestellt und kritisch diskutiert werden. Statt sich von Begriffen und Kategorien zu trennen, soll im Seminar der Versuch unternommen werden, die Kategorien Kultur und Ethnizität neu zu bestimmen, zu entkolonialisieren und ihre Mehrdeutigkeit für eine interkulturelle pädagogische Praxis zu nutzen.

In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/bie/faq.html

Bibliography

Literaturliste:

Cultural turns: Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften von Doris Bachmann-Medick, Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 2009

Differenzen anders denken: Bausteine zu einer Kulturtheorie der Transdifferenz hrsg. von Lars Allolio-Näcke, Britta Kalscheuer; Arne Manzeschke, Frankfurt, Campus, 2005

Die kleinen Unterschiede: der Cultural-Studies-Reader hrsg. von Jan Engelmann Frankfurt/Main,: Campus, 1999

Ethnizität ohne Gruppen von Rogers Brubaker, Hamburg, Hamburger Edition., 2007

Handbuch Migrationspädagogik hrsg. von Paul Mecheril unter Mitarbeit von Veronika Kourabas und Matthias Rangger, Weinheim; Basel, Beltz, 2016

Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität hrsg. von Georg Auernheimer, Wiesbaden, VS, 2010

Interkulturelle Erziehung und Bildung: Wertorientierungen im Alltag von Wolfgang Nieke. Opladen, Leske + Budrich, 2000

Interkulturelle Philosophie: Aufgaben - Dimensionen - Wege von Niels Weidtmann, Tübingen, UTB, 2016

Konzepte kultureller Differenz hrsg. von Alois Moosmüller, Münster, Waxmann, 2009

Kultur - Medien - Macht: Cultural Studies und Medienanalyse hrsg. von Andreas Hepp ,Wiesbaden, VS, 2006

Suchbewegungen: Interkulturelle Beratung und Therapie hrsg. von Maria del Mar Castro Varela, Tübingen, Dgvt., 1998

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E2: Inhaltliche Fokussierung 2 Study requirement
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25-ME-B4 Inhaltliche Fokussierung E1: Inhaltliche Fokussierung 1 Study requirement
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E2: Inhaltliche Fokussierung 2 Study requirement
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25-ME-C1 Historische und systematische Aspekte der Migrationspädagogik, Civic- and International Education E1: Migrationspädagogik and International Education Study requirement
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25-ME-C1-MGS-wp Historische und systematische Aspekte der Migrationspädagogik, Civic- and International Education E1: Migrationspädagogik and International Education Study requirement
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25-ME-C4 Inhaltliche Fokussierung E1: Inhaltliche Fokussierung 1 Study requirement
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E2: Inhaltliche Fokussierung 2 Study requirement
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25-ME3 Forschungsprojekt E1: Thematische Einführung Study requirement
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25-ME3-IT Forschungsprojekt E1: Thematische Einführung Study requirement
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30-MGS-3_ver1 Hauptmodul 2: Sozialisation und Bildung Seminar 1 Study requirement
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