360052 Verschwörungstheorien und Religion (S) (SoSe 2024)

Spätestens seit 2016 erfreuen sich Verschwörungstheorien zunehmender Popularität, und die damit verbundenen Diskursstörungen nehmen gegenwärtig in öffentlichen Debatten unbotmäßig großen Raum ein. Vor diesem Hintergrund wird u.a. der Zusammenhang mit Religion und Religiosität kontrovers diskutiert: Die frappierende Ähnlichkeit zwischen verschwörerischen Trugschlüssen und der Rhetorik religiöser Fundamentalisten und Fanatiker legt einerseits nahe, Verschwörungstheorien als religioide Phänomene zu betrachten; wie aber lassen sich legitime Religiosität (etwa der Glaube an göttliche Vorsehung) sinnvoll und trennscharf von verschwörerischem Denken abgrenzen? Andererseits zeigen Mitglieder einiger Religionsgemeinschaften in der Praxis erhöhte Resilienz gegenüber verschwörerischem Denken, die eher auf eine Abstoßungsreaktion zwischen Religion und Verschwörungstheorien schließen lässt; das dürfte u.a. darauf zurückzuführen sein, dass gerade Theologie und Religionsphilosophie auf eine lange Tradition der Fundamentalismuskritik zurückblicken, im Zuge derer Techniken zur Abwehr fanatischer Diskursstörungen entwickelt worden sind, die nun eben auch zur Entlarvung verschwörerischer Deutungen beitragen können.
Das Seminar verfolgt zwei aufeinander aufbauende Ziele: Zunächst sollen aktuelle Beiträge diskutiert und für einen Vergleich transparent gemacht werden, die (positive und negative) Zusammenhänge zwischen Verschwörungstheorien und Religion(en) beschreiben und erklären. Auf die deskriptiven Befunde aufbauend sollen im praktischen Teil der Veranstaltung antifundamentalistische Argumentationstechniken erlernt und erprobt werden, die für die Entlarvung und Widerlegung verschwörerischer Diskursstörungen geeignet sind.

Bibliography

Dyrendal, Asbjørn et.al. (Hg.). 2019. Handbook of conspiracy theory and contemporary religion. (Brill handbooks on contemporary religion, vol. 17.) Leiden, Boston: Brill.
Schleichert, Hubert. 1997. Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren. Anleitung zum subversiven Denken. München: C.H. Beck.