Die Vokabel der Emanzipation hat im jüngeren pädagogischen Diskurs deutlich an Attraktivität eingebüßt und ist weitgehend Debatten um Praktiken der Unterwerfung, Subjektivierung und Anerkennung gewichen (Rieger-Ladich, 2017). Zu normativ erscheint der Begriff einer an legitimierenden Letztbegründungen zweifelnden postmodernen Pädagogik, die Emanzipation eher als subversives Moment bürgerlicher Bildung diskutiert denn als explizit ausformuliertes normatives Bildungsziel (Bünger, 2019).
Ganz anders der aktuelle Diskurs um Identität: Hier arbeitete sich postmodernes Denken zum einen kritisch an einem überholten Verständnis von Identität ab, das einen kontinuierlichen und kohärenten Wesenskern von Menschen impliziert. Zum anderen hat der Begriff in jüngeren Jahren aber auch Zulauf erhalten, insofern er Selbst-Kategorisierung und Selbstermächtigung gleichermaßen ermöglicht (Stichwort: Identitätspolitik), wenn Menschen sich als zugehörig zu einer bestimmten sozialen Gruppe identifizieren, etwa als ‚Frau‘ (Faulstich-Wieland, 2004) oder als ‚biracial‘ (Nuttgens, 2010). Letzteres verdeutlicht, dass Prozesse der Identitätsbildung auch emanzipatorisches Potenzial haben können.
Im Seminar formulieren wir die Frage „wie man wird, was man ist“ (Nietzsche) als empirisches Problem. Wir nehmen Emanzipation und Identität im Jugendalter weniger theoretisch oder normativ in den Blick, sondern fragen nach unterschiedlichen Entwicklungen, Ausdrucksformen und Spielarten von Identität in sozialen Medien. Wir erkunden und diskutieren, inwieweit Jugendliche sich online und offline auf dem Wege der sozial vermittelten Identitätsfindung von einengenden Fremdzuschreibungen und gesellschaftlichen Verhältnissen emanzipieren, im Kampf für Anerkennung und Legitimität innovative Selbstentwürfe und Identitäten erproben und erkämpfen. Gerade mit Blick auf das Geschehen in sozialen Medien gehen dabei Selbstbildung und Selbstvermarktung oftmals Hand in Hand. Auch dies gilt es im Seminar kritisch zu unterscheiden und zu reflektieren.
Die Teilnehmenden fokussieren dieses komplexe Zusammenhangsgeflecht in eigenen Projekten bzw. Analysen ausgewählter medialer Ausdrucksformen von Identität im Jugendalter. Die Projekte dienen dabei auch dazu, qualitativ-empirische Forschungsmethoden von Social-Media-Daten einzuüben und die Ergebnisse der Analysen zu beschreiben und zu theoretisieren. Das Seminar ist in drei Schritten aufgebaut: (1) kurzer Abriss theoretischer Grundlagen von Identität und Emanzipation, (2) empirische Analysen in Projektgruppen zur Selbstbildung und Selbstvermarktung Jugendlicher in sozialen Medien, (3) Systematisierung und Diskussion der Ergebnisse.
Master of Arts: Voraussetzung ist die Einschreibung im Master of Arts Erziehungswissenschaft im SoSe23
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-ME1 Allgemeine Grundlagen | E2: Lebensalter | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
25-UFP5 Fachdidaktik UFP | E1: Subjektentwicklung im Kindes- und Jugendalter | Studienleistung
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Studieninformation |
30-MGS-3_ver1 Hauptmodul 2: Sozialisation und Bildung | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.