220116 Konjunkturen der Kolonialgeschichte (GSH) (SoSe 2023)

Aktuell erfährt die Kolonialgeschichte viel Aufmerksamkeit in der öffentlichen Debatte. Politiker*innen und Kulturmanager*innen fordern und organisieren mehr Geld für Kolonialismusforschung. In diesem Seminar fragen wir danach, aus welchen historiographischen Strängen sich die aktuelle Geschichtsschreibung speist, welche Narrative sich durchgesetzt haben, welche wiederentdeckt werden und welche ins Abseits geraten sind.
Kolonialgeschichte wurde bereits während der Zeit der formalen europäischen Imperien geschrieben, einerseits zum Zweck der imperialen Selbstlegitimation, andererseits als Kritik der herrschenden Zustände, die antikoloniale Kritiker*innen abzuschütteln versuchten. Uns wird interessieren: Wer schrieb wann wie Kolonialgeschichte? Und wo? Welche Prämissen und Perspektiven, welche politischen Kontexte haben das Schreiben über die Kolonialgeschichte beeinflusst? Welche eurozentrischen Perspektiven halten sich hartnäckig? Wie sieht es aus mit der „Augenhöhe“ zwischen Historiker*innen aus dem globalen Süden und dem globalen Norden? Wir werden uns mit Ansätzen u.a. der Kolonialkritik, des Antikolonialismus, der postkolonialen Kritik, der Verflechtungsgeschichte befassen.
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Literaturangaben

Ajayi, Jacob F./Crowder, Michael: West Africa 1919-1939: the colonial situation, in: History of West Africa, hrsg. v. Jacob F. Ajayi/Michael Crowder, London 1974, S. 514–541.
Brandstetter, Anna-Maria: Kolonialismus. Wider die vereinfachenden Dichotomien, in: Geschichte in Afrika. Einführung in Probleme und Debatten, hrsg. v. Jan-Georg Deutsch, Berlin 1997, S. 75–105.
Césaire, Aimé: Über den Kolonialismus. Kommentierte Neuaufl. der Becker-Version, Berlin 2017.
Cooper, Frederick / Stoler Ann Laura (Hrsg.): Tensions of Empire. Colonial Cultures in a Bourgeoise World, Berkeley / Los Angeles 1997.
Said, Edward : Orientalismus, Frankfurt 2009.
Trotha, Trutz von: Was war Kolonialismus?, in: Saeculum, 1.55 (2004), S. 49–95.