220057 Die Forschung zum italienischen Faschismus zwischen Klassikern und neuen Tendenzen (V+Ü) (WiSe 2022/2023)

Kein Thema animiert öffentliche (Fach-)Debatten so sehr wie „Faschismus“. Die Vagheit des Begriffs und seine zeitgleiche Zentralität für das erinnerungspolitische Selbstverständnis westeuropäischer Nachkriegsgesellschaften machen die Geschichte des Faschismus zum kontroversen Forschungsfeld schlechthin. Auch für die Italienische Republik spielt die Frage nach der Deutungshoheit über ihre „unbehagliche Vergangenheit“ im Faschismus (so Nicola Tranfaglia 1995) seit jeher eine entscheidende Rolle. Entsprechend vielfältig und kontrovers hat sich bis heute die Forschung zu Mussolinis politischer Bewegung und Diktatur entwickelt.

Die Veranstaltung bietet eine Einführung in die (nicht nur italienische) Geschichtsschreibung zum italienischen Faschismus. Zum einen erörtert sie Debatten und Wenden in der historiographischen Auseinandersetzung mit dem Thema in ihren wissenschaftlichen Dimensionen und erinnerungspolitischen Auswirkungen. Zum anderen behandelt sie durch eine genaue Lektüre der bedeutendsten (älteren und jüngeren) Forschungsbeiträge die methodischen, inhaltlichen und stilistischen Mittel, welche Historiker*innen für die Erläuterung und Begründung ihrer jeweiligen Standpunkte einsetzten.

Der Kurs steht allen Teilnehmenden ungeachtet ihrer Italienischkenntnisse offen. Eventuelle Vorkenntnisse sind ein willkommener Mehrwert, aber keineswegs Voraussetzung für eine aktive Kursteilnahme.

Bibliography

(vgl. Semesterapparat in der FB 14)

Albanese, Giulia (Hg.), Rethinking the History of Italian Fascism (=Routledge Studies in Modern European History, 20). London u.a.: Routledge, 2022.

Corni, Gustavo, Fascismo. Condanne e revisioni (=Aculei, 6). Rom: Salerno Editore, 2011.

Gentile, Emilio, Fascismo. Storia e interpretazione. Rom u. Bari: Laterza, 2005.

Lehn, Marcel vom, Westdeutsche und italienische Historiker als Intellektuelle? Ihr Umgang mit Faschismus und Nationalsozialismus in den Massenmedien (1943/45–1960) (=Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 206). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012.