230499 Beleidigungen für Fortgeschrittene - Die Invektive in Rom (S) (SoSe 2022)

O tenebrae, o lutum, o sordes, o paterni generis oblite, materni vix memor!, wetterte der römische Exkonsul Cicero gegen seinen Kollegen Piso und ist dabei für seine Verhältnisse noch zurückhaltend. Die Schmähung und Herabsetzung des (politischen) Gegners war in Rom üblich und wurde in der Antike als Kunst, ars invectiva, gesehen, die es als einzuüben galt. Der Rhetoriklehrer Quintilian empfahl seinen Schülern den kleinen rhetorischen shit storm als progymnasmata, einer Art rhetorischen Warm ups. Dabei galt es, nicht nur auszuteilen, sondern auch einstecken zu können.
In der Veranstaltung wird es nicht darum gehen, perfekte Schmähreden aufzusetzen, sondern die verschiedenen Formen, Gattungen und Felder lateinischer Invektiven kennenzulernen und zu übersetzen sowie in den Kontext der römischen Gesellschaft und ihrer Kommunikationsformen zu setzen. Wir behandeln dabei neben dem zitierten Cicero auch Texte von Catull und Martial.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Das Seminar ist als interdisziplinäre Veranstaltung für HistorikerInnen, LatinistInnen und LiteraturwissenschaftlerInnen konzipiert; Lateinkenntnisse sind Voraussetzung für die Teilnahme von Geschichts- und Lateinstudierenden und für LiteraturwissenschaftlerInnen auch nicht schlecht, da wir übersetzen werden.
Der Besuch des Grundseminars Theorie „Herabsetzen und Schmähen. Invektivität in der politischen Kultur Roms“ in der Geschichtswissenschaft ergänzt theoretisch-methodisch die Sprachübung, ist aber nicht Voraussetzung für die Teilnahme.

Literaturangaben

- D. Pausch, Virtuose Niedertracht. Die Kunst der Beleidigung in der Antike, München 2021.
- S. Koster, Die Invektive in der griechischen und römischen Literatur, Meisenheim 1980.
- J. Booth, Hg., Cicero on the attack. Invective and subversion in the orations and beyond, Swansea 2007.