Familienpolitik, also die staatliche Bereitstellung von Geld, Zeit und sozialen Diensten zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von Familien sowie der Vereinbarkeit von Care- und Erwerbsarbeit, wurde in den letzten 25 Jahren in den Wohlfahrtsstaaten der OECD massiv ausgeweitet (Daly & Ferragina 2018). Ihr Wachstum war ausschlaggebend für eine doppelte Schwerpunktverschiebung des Wohlfahrtsstaats: Einerseits, von der Absicherung „alter“ sozialer Risiken industrieller Lohnarbeitsverhältnisse hin zur Unterstützung bei der Bewältigung „neuer“ sozialer Risiken postindustrieller Gesellschaften (Bonoli 2006). Andererseits, von der Regulierung sozialer Unterstützungsbeziehungen zwischen Erwerbesbürger*Innen zur Gestaltung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in Haushalten (Lessenich 2003). Letzteres wird häufig unter dem Konzept der Defamilisierung besprochen. Dieses lenkt den Blick der Wohlfahrtsstaatforschung weg von einer Markt-Staat zentrierten Analyse hin zu einer gegenderten Perspektive auf sozialpolitische Institutionen, die familiäre Beziehungen hervorhebt. Dabei lässt sich das Konzept der Defamilisierung nicht allein auf die Verringerung ökonomischer und sozialer geschlechtsspezifischer Abhängigkeiten reduzieren, sondern nimmt auch intergenerationale Abhängigkeiten in den Blick (Lohmann 2009; Zagel & Lohmann 2021).
Das Seminar beschäftigt sich mit dem Konzept Defamilisierung, seinen Varianten wie Alternativen und den Problemen seiner Messung (Lohmann 2009). Es beantwortet die Frage, welche Datenquellen sich für die vergleichbare Messung nationaler Familien- und Sozialpolitiken nutzen lassen und wie auf diese zugegriffen werden kann. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten quantitativer Analyseverfahren im Hinblick auf die Beschreibung und Erklärung historischer wie nationaler Unterschiede behandelt und erprobt.
Grundlegende Kenntnisse im Bereich Statistik sowie im Umgang mit der Statistiksoftware Stata oder R werden vorausgesetzt. Im Zentrum des Seminars steht deren problembezogene Anwendung.
Bonoli, Giuliano (2006): New social risks and the politics of post-industrial social policies. In: Giuliano Bonoli und Klaus Armingeon (Hg.): The politics of post-industrial welfare states. Adapting post-war social policies to new social risks. New York, London: Taylor & Francis distributor (Routledge / EUI studies in the political economy of welfare), S. 3–26.
Daly, Mary; Ferragina, Emanuele (2018): Family policy in high-income countries: Five decades of development. In: Journal of European Social Policy 28 (3), S. 255–270.
Lessenich, Stephan (2003): Dynamischer Immobilismus. Kontinuität und Wandel im deutschen Sozialmodell. Teilw. zugl.: Göttingen, Univ., Habil.-Schr., 2001. Frankfurt am Main: Campus Verlag.
Lohmann, Henning (2009): Konzept und Messung von Defamilisierung in international vergleichender Perspektive. In: Birgit Pfau-Effinger, Slađana Sakač Magdalenić und Christof Wolf (Hg.): International vergleichende Sozialforschung. Ansätze und Messkonzepte unter den Bedingungen der Globalisierung 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 93–128.
Zagel, Hannah; Lohmann, Henning (2021): Conceptualising state-market-family relationships in comparative research: a conceptual goodness view on defamilization. In: J. Soc. Pol. 50 (4), S. 852–870
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Di | 12-14 | X-D2-105 | 11.10.2022-31.01.2023 |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M-Soz-M3a Soziologische Methoden a | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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30-M-Soz-M3b Soziologische Methoden b | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M-Soz-M3c Soziologische Methoden c | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-MGS-4 Hauptmodul 3: Arbeit und gesellschaftliche Transformationen | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
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30-SW-ESo Empirische Sozialforschung | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.