230156 Angewandte Dramaturgie. "Der zerbrochene Krug", "Wilhelm Tell", "Paare" und die "Formate"-Reihe im Tam 2/3: aktuelle Inszenierungen des Bielefelder Theaters (S) (SoSe 2017)

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Das Seminar versteht sich als Angebot zur angewandten Dramaturgie – in enger Zusammenarbeit mit dem Theater Bielefeld. Die drei Stücke des Titels werden, neben weiteren aktuellen Produktionen aus der „Formate“-Reihe im Tam 2/3, ausführlich analysiert, kontrastiert mit den zugrunde liegenden Dramentexten, weiteren Inszenierungen, insbesondere von „Der zerbrochene Krug“ und „Wilhelm Tell“, und in den Zusammenhang mit anderen Arbeiten der neuen Spielzeit gestellt, wie etwa der Uraufführung von F., nach dem Roman von Daniel Kehlmann. Wir werden mehrere Termine im Theater selbst wahrnehmen, mit SchauspielerInnen, DramaturgInnen und RegisseurInnen sprechen, Proben sehen und die Entwicklung zumindest einer laufenden Inszenierung bis zur Premiere verfolgen können („Wilhelm Tell“ und/oder „Paare“).
Zu Schillers „Wilhelm Tell“ hießt es aus den Ankündigungstexten des Theaters Bielefeld: „Die Schweiz wird von tyrannischen Landvögten regiert, die der Habsburger Kaiser eingesetzt hat. Das Volk, das sich einst freiwillig unter seine schützende Hand gestellt hatte, beginnt aufzubegehren. Als Landvogt Gessler die Altdorfer zwingt, vor einer Stange mit seinem Hut darauf niederzuknien, eskaliert die Lage. Bei einem heimlichen Treffen planen die Vertreter der drei Urkantone nachts auf dem Rütli den Aufstand. Nur der Einzelgänger Wilhelm Tell ist nicht unter den Verschwörern. Mit Politik will er nichts zu tun haben, doch solle man seiner Tatkraft bedürfen, könne man auf ihn zählen. Als aber Tell sich tags darauf weigert, vor Gesslers Hut niederzuknien, scheint Neutralität nicht mehr möglich. Gessler zwingt ihn, seinem Sohn mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf zu schießen. Der Meisterschütze schießt, trifft den Apfel, wird dennoch verhaftet, flieht, lauert Gessler auf, schießt wieder und trifft ihn tödlich. Die terroristische Tat löst den Volksaufstand und die Befreiung der Schweiz aus. Der Mythos vom gerechten Widerstandskämpfer Tell wurde seit seiner Entstehung von unterschiedlichsten Parteien in Anspruch genommen und von rechts wie links propagandistisch instrumentalisiert. Apfelschuss, Rütlischwur und das Pathos vom Freiheitskampf täuschen leicht über die Brisanz der Frage nach einem Recht auf Tyrannenmord hinweg: dass dieses Recht stark von der Perspektive abhängt, dass es Terrorismus wie Freiheitskampf bedeuten, Heldentaten auszeichnen oder Attentate befördern kann. Was bedeutet der Mythos vom Widerstandskämpfer Wilhelm Tell heute?“
„Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist gehört, wie Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“, zum Standardrepertoire auf deutschen Bühnen. Zur Aktualität Kleists schreibt die Dramaturgie des Bielefelder Theaters: „Der Fall ist unerhört. Dorfrichter Adam muss über eine Tat zu Gericht sitzen, die er selbst begangen hat. Vorerst weiß niemand davon außer ihm selbst und der jungen Eve, in deren Zimmer er letzte Nacht ungebeten eingedrungen ist. Dass sie schweigen wird, dafür hat er gesorgt. Aber leider ist bei Adams Flucht vor Eves unerwartet aufgetauchtem Verlobten Ruprecht ein Krug zu Bruch gegangen. Und nun steht Eves resolute Mutter Marthe Rull vor Richter Adams Türe, um Ruprecht zu verklagen, den sie fälschlicherweise für den Zerstörer des Erbstücks hält. Zu allem Überfluss lässt kurz darauf Gerichtsrat Walter aus Utrecht melden, er werde dem heutigen Gerichtstag beiwohnen, um die hiesige Rechtsprechung zu überprüfen. Verständlicherweise ist Richter Adam wenig bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen. Ziemlich derangiert und mit einer Platzwunde am Kopf, die von seinen nächtlichen Abenteuern herrührt, versucht er durch allerlei unlautere Verhörmethoden den Verdacht auf andere zu lenken. Immer fantastischer werden seine Ausflüchte, immer unausweichlicher verwickelt er sich in Widersprüche. Mitleiderregend, bösartig und hochkomisch ist dieser sympathische Teufel auf der Flucht vor sich selbst. Und eine große Kunst ist es, wie Heinrich von Kleist in seinem berühmtesten Drama den Verlust des Vertrauens in eine gerechte Ordnung der Welt am Beispiel eines Krugs entwickelt, der vom schuldig gewordenen Richter zerbrochen wurde...“
Zum Ausgangspunkt seines Stückes „Paare“ vermerkt der Autor der Uraufführung, Johann Buchholz, selbst: „Als ich vor Jahren den Keller meiner Berliner Mietwohnung ausräumte, fand ich einen Karton mit Unterlagen eines Therapeuten, der dort früher gelebt hatte. Auf einer Patientenakte stand: ‚Liebe ist eine schwere Geisteskrankheit‘. Es war die Akte eines Paares. […] Wenn Filme oder Märchen mit der Hochzeit enden, denke ich: Da beginnt das Dilemma doch erst! Die Therapie ist für mich die Konzentration dieser Verrücktheit.“ Die Dramaturgie kommentiert: „Der Filmregisseur Johann Buchholz hat diese und weitere (fiktive) Akten zu szenischen Miniaturen verarbeitet. Unterschiedliche Regisseure nehmen sich jeweils eine Szene vor, fast das gesamte Schauspielensemble ist dabei. Es entsteht ein Reigen schneller Beziehungsminiaturen, die Liebe als dauerhaften Irrsinn zeigen und als dringend therapiebedürftig! Zwei Menschen, eine Couch, drei Minuten. Das Publikum schlüpft in die Rolle des Therapeuten und muss dabei vor allem eines können: zuhören. Mit atemberaubender Geschwindigkeit jagen wir in das Herz der deutschen Gefühlsgegenwart. Denn die Zeiten, in denen unglückliche Dauersingles von einer Affäre in die nächste stolperten, sind vorbei. Wir wollen zusammenbleiben!“

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• Literatur wird über elektronischen Lernraum und Handapparat zur Verfügung gestellt.

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