Das Phänomen der Korruption wird heute intensiv diskutiert und beschäftigt Gerichte, Journalisten und zunehmend auch die Wissenschaft. Korrupte Praktiken erscheinen allgegenwärtig: Es gibt sie sowohl in entwickelten Industriegesellschaften westlicher Prägung als auch in Ländern der sogenannten Dritten Welt und ehemals sozialistischen Staaten. Träger von Korruption sind in den unterschiedlichsten Schichten und Sphären der Gesellschaft zu finden, zum Beispiel unter Unternehmern, Gewerkschaftern, Politikern, Sportlern und Sportfunktionären. Obgleich das Seminar sein Erkenntnisinteresse aus der Gegenwart bezieht, stehen nicht moderne, sondern frühneuzeitliche Probleme der Wahrnehmung von und des Umgangs mit Korruption im Zentrum des Seminars. Entgegen einer gängigen Forschungsmeinung, wonach frühneuzeitliche Gesellschaften aufgrund einer ganz anderen Auffassung von der Institution des Amtes gegenüber korrupten Praktiken ungleich nachsichtiger gewesen seien und sie im Sinne klientelistischer Verhaltensweisen als legitim akzeptiert hätten, geht das Seminar von der Beobachtung aus, dass Debatten um Korruption auch in frühneuzeitlichen Gesellschaften durchaus verbreitet waren und die Urheber (vermeintlich) korrupter Handlungen zuweilen hart bestraft wurden. Das Seminar will die Studierenden in einem ersten Schritt mit modernen wissenschaftlichen Analysekonzepten zur Korruption vertraut machen. Auf dieser Basis sollen in einem zweiten Schritt anhand von Fallbeispielen und semantischen Untersuchungen die Fragen verfolgt werden, welche Praktiken in frühneuzeitlichen Gesellschaften als korrupt galten und welche nicht; ob die Unterscheidung überhaupt klar zu treffen ist oder nicht vielmehr ein wandelbares Ergebnis ständiger Deutungskämpfe darstellte; wie der Vorwurf der Korruption in politischen Auseinandersetzungen verwendet wurde; und schließlich mit welchen Mitteln und Argumenten frühneuzeitliche Gesellschaften korrupte Praktiken einzudämmen suchten.
Eine ausführliche Bibliographie wird zu Beginn der Veranstaltung erhältlich sein. Als (populär-)wissenschaftliche Einstiegslektüre unterhaltsam und empfehlenswert: Britta Bannenberg/Wolfgang Schaupensteiner, Korruption in Deutschland. Portrait einer Wachstumsbranche, München 2004; John Thomas Noonan, Bribes, New York 1984; Alfred Sturminger, Die Korruption in der Weltgeschichte, München/Wien 1982.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | 4.5.4; 4.4.5 | Wahlpflicht | 4 | scheinfähig | ||
Geschichtswissenschaft / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | 4.2.3 | Wahlpflicht | 9 | scheinfähig | ||
Politische Kommunikation / Master | (Enrollment until SoSe 2013) | 3.3 | Interdisziplinärer Bereich |