220073 Ludvik Fleck. Leben und Werk (K) (WiSe 2008/2009)

Ludwik Flecks Denkstiltheorie ist ein Klassiker der Wissenschaftsforschung und wird heute darüber hinaus hoch geschätzt. Die Studie des polnischen Immunologen zur Geschichte des Syphillisbegriffs und der Entdeckung der sog. Wassermann-Reaktion zum Nachweis des Syphilliserregers aus den 1930er Jahren gilt inzwischen als eine der sehr frühen konstruktivistischen Analysen zum Wissenschaftswandel. So zeigt er an diesem historischen Beispiel aus der Mikrobiologie, dass Denkstile historisch gewachsen, gesellschaftlich bedingt und miteinander durch ihre menschlichen Träger (Denkkollektive) in einem Geflecht verwoben sind. Seine Wissenschaftskonzeption erscheint heute weitaus lebendiger, offenener und gleichzeitig radikaler als Kuhns Entwurf zur Struktur der Wissenschaftlichen Revolution, der Fleck in einer Fussnote seines Werkes von 1969 vor dem Vergessen rettete und damit dessen Rezeption im englischsprachigen Raum entscheidend beförderte.
Neben einer eingehenden Lektüre des Fleck¿schen Werkes sollen die zeitgenössischen Debatten, in denen es entstand, Flecks wissenschaftlicher Werdegang und die aktuell florierende Rezeptionsgeschichte betrachtet werden. In welchem Zusammenhang ist das Werk entstanden und welches Instrumentarium gibt es uns für wissenschaftshistorische Fallstudien an die Hand?

Literaturangaben

Ludwik Fleck [1935] 1980: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Frankfurt a.M.
Bozena Choluj und Jan Joerden, Jan C. (Hg.) 2007: Von der wissenschaftlichen Tatsache zur Wissensproduktion. Ludwik Fleck und seine Bedeutung für die Wissenschaft und Praxis. Frankfurt a. M.