230669 Masken des Ich - Selbstaussaugen in der Literatur (Autobiographie, Autofiktion) (S) (WiSe 2025/2026)

Inhalt, Kommentar

Wir leben gegenwärtig in einer Kultur, in der sich der oder die Einzelne durch ganz neue mediale Möglichkeiten im digitalen Raum inszenieren kann, sich dabei aber auch Fragen nach dem Verhältnis von Individualität und Konformität, von Authentizität und Fiktion gefallen lassen muss. Diese Wechselbeziehungen sind allerdings nicht neu; vielmehr begleiten sie seit jeher die Geschichte der Individualitätskonzepte, des ‚Wissens vom Ich‘ und ihrer literarischen und medialen Repräsentationen. Wieviel außer-literarische Realität, wieviel ‚Autor:in‘ steckt in einem Text, in dem ein Ich von sich selbst schreibt? Wo sind biographische Lesarten erlaubt, ja wo legen sie die Texte selbst sogar nahe? Es gibt Gattungen, in denen die Grenze zwischen faktualer und fiktionaler Ich-Aussage nicht immer klar gezogen ist und die performativ mit diesem Übergang spielen: Reiseberichte gehören dazu, aber auch Autobiographien oder solche fiktionalen Texte, für die die Forschung den Begriff der Autofiktion geprägt hat. Auch an Schlüsselromane oder lyrische Texte mit einem ‚starken Ich‘ könnte man denken.
Das Seminar will solchen Grenzgängern zwischen Literatur und Leben im historischen und literarischen Vergleich näher kommen: Wir werden lyrische Texte aus der Antike (Horaz) mit solchen aus dem deutschen Barock (Paul Fleming) in Dialog bringen, Gedichte spanischer und deutschsprachiger Mystikerinnen (Teresa von Avila, Catharina Regina von Greiffenberg) aufeinander beziehen; wir werden Reiseberichte aus der Neuen Welt (etwa von Columbus und dem deutschen Söldner Hans Staden) lesen und versuchen, den intrikaten Autorschaftskonzepten der Frühen Neuzeit auf die Spur zu kommen. Auch Auszüge aus spanischen und deutschen Schelmenromanen des 16. und 17. Jahrhunderts lassen Rückschlüsse auf zeitspezifische Ich-Inszenierung zwischen Faktualität und Fiktionalität zu. Am Beispiel Goethes (Dichtung und Wahrheit) wird uns das Fiktionspotential autobiographischen Schreibens interessieren, das uns dann direkt ins 20. und 21. Jahrhundert hinüberführt, wenn wir Wissenschaftlerautobiographie (Werner Heisenberg) und Universitätsroman aufeinander beziehen und die neuesten autofiktionalen Ansätze in der Gegenwartsliteratur (Annie Ernaux, Joachim Meyerhoff) näher betrachten. Flankierend wollen wir auch theoretische Texte mit in die Diskussion hineinholen (Philippe Lejeune, Serge Doubrovsky).
Ich verstehen die vorgestellten Texte und Autor:innen explizit als Diskussionsangebot: Die genaue Auswahl wird in Absprache mit den Studierenden vorgenommen.

Literaturangaben

Literatur zur Einführung:
Alexandra Effe/Hannie Lawlor (Hg.): The Autofictional. Basingstoke 2022.
Loreen Dalski (Hg.): Optimierung des Selbst. Konzepte, Darstellungen und Praktiken. Bielefeld 2022.
Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.): Auto(r)fiktion. Literarische Verfahren der Selbstkonstruktion. Bielefeld 2013.
Wagner-Egelhaaf u.a. (Hg.): Sich selbst erzählen. Autobiographie – Autofiktion – Autorschaft. Wiesbaden 2018.

Lehrende

  • Dr. Sylvia Brockstieger

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  
wöchentlich Do 10-12 S0-123 13.10.2025-06.02.2026

Fachzuordnungen

Modul Veranstaltung Leistungen  
23-LIT-M-LitAM1 Aufbau-Modul I: Historische und systematische Aspekte der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft Lehrveranstaltung 1 benotete Prüfungsleistung
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Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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Lehrveranstaltung 3 Studienleistung
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23-LIT-M-LitAM2 Aufbau-Modul II: Fachphilologische Vertiefung Germanistik Lehrveranstaltung 1 Studienleistung
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Lehrveranstaltung 3 benotete Prüfungsleistung
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23-LIT-M-LitGM1_a Grundlagenmodul 1: Allgemeine Literaturwissenschaft Literaturtheorie / Literary Theory Studienleistung
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23-LIT-M-LitINT Intensivierung Aufbaumodul Lehrveranstaltung 1 Studienleistung
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Aufbaumodul Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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Aufbaumodul Lehrveranstaltung 3 Studienleistung
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Profilmodul Lehrveranstaltung 1 Studienleistung
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Profilmodul Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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23-LIT-M-LitPM1 Profilmodul I: Literatur und Ästhetik Lehrveranstaltung 1 benotete Prüfungsleistung
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Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.


Keine Konkretisierungen vorhanden
Kein E-Learningangebot vorhanden
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Hinweise:
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Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Donnerstag, 31. Juli 2025 
Letzte Änderung Zeiten:
Donnerstag, 14. August 2025 
Letzte Änderung Räume:
Donnerstag, 14. August 2025 
Art(en) / SWS
Seminar (S) / 2
Einrichtung
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
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