1971 wurde sechs Wochen vor Eröffnung die am Solomon R. Guggenheim Museum New York geplante Einzelausstellung von Hans Haacke von Seiten des Museums abgesagt. Auslöser war die Arbeit "Shapolsky et al. Manhattan Real Estate Holdings, A Real Time Social System, as of May 1, 1971" (1971), in der Haacke sich mit Immobilienspekulationen und der Verschleierung von Eigentumsverhältnissen beschäftigt, in die auch Vorstandsmitglieder des Museums verwickelt waren. In der Arbeit "Gallery Goers' Birthplace and Residence Profile, Part 1 and 2" (1969-1970) bat Haacke hingegen die Ausstellungsbesucher*innen auf einer Karte ihren Wohnort zu markieren, wodurch das sozioökonomische Gefüge der Museumsbesucher*innen offengelegt wird. Die Arbeiten zeigen exemplarisch, wie Künstler*innen in den 1960er Jahren in ihren Arbeiten begannen sowohl die Kunstinstitutionen als auch die Institution Kunst zu reflektieren und deren gesellschaftliche, politische und ökonomische Netzwerke aufzudecken. Wurde die Arbeit "Shapolsky et al." 1971 vom damaligen Museumsdirektor Thomas Messer als „unangemessen“ und als zu entfernender „Fremdkörper“ bezeichnet (zitiert nach Hans Haacke), gilt sie inzwischen als Meilenstein der Institutionskritik und wurde längst in den kunstgeschichtlichen Kanon aufgenommen. Mit Namen wie z.B. Michael Asher, Marcel Broodthaers, Daniel Buren, Andrea Fraser, Rene Greene, Hans Haacke und Adrian Piper verbunden, steht die Institutionskritik für eine kritisch-reflexive Kunstpraxis, die gesellschaftspolitische und ökonomische Verflechtungen aufzeigt, die Arbeitsweisen der Kunstinstitutionen analysiert, oftmals ortsspezifisch arbeitet, Fragen nach dem Kunstbegriff und der Autonomie von Kunst aufwirft, Machtstrukturen und Hierarchien aufdeckt sowie die eigene Rolle im und Teilhabe am System befragt. Dass auch die Künstler*innen dabei niemals außerhalb der Institution stehen, betont z.B. die Künstlerin Andrea Fraser in ihrer Bestandsaufnahme der Institutionskritik im Jahr 2005 in der Zeitschrift Artforum: „It’s not a question of being against the institution: We are the institution. It’s a question of what kind of institution we are, what kind of values we institutionalize, what forms of practice we reward, and what kinds of rewards we aspire to.” (Andrea Fraser). Fraser hatte z.B. bereits 1989 mit "Museum Highlights: A Gallery Talk" u.a. die Ein- und Ausschlussmechanismen des Ausstellungsbetriebs entlarvt.
Inzwischen sind nicht nur entsprechende kritische künstlerische Praktiken selbstverständlicher Teil des Kunstbetriebs, sondern auch Kunstinstitutionen selbst reflektieren ihre eigenen Praktiken kritisch, um zu „Institutionen der Kritik“ zu werden. Dieser „new institutionalism“, der zu Beginn der 2000er Jahre aufkommt, steht in der Tradition der künstlerischen Praktiken der 1970er und 1990er Jahre und überführt deren institutionelle Kritik in eine Selbstkritik, indem nicht nur kritische Künstler*innen eingeladen werden, sondern auch die eigene kuratorische und institutionelle Praxis hinterfragt und die eigenen Strukturen aufgebrochen werden.
Anhand theoretischer Texte und künstlerischer Arbeiten werden wir uns im Seminar mit den verschiedenen Phasen der Institutionskritik - von ihren Anfängen in den 1960er Jahren über ihre Entwicklung in den 1980er und 1990er Jahren bis zum „new institutionalism“ der 2000er Jahren - auseinandersetzen und nach der Aktualität der Institutionskritik fragen. Ein Ausstellungsbesuch ist geplant und wird in der ersten Sitzung (20.10.) besprochen.
| Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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| wöchentlich | Mo | 10-12 | B0-237 | 20.10.2025-06.02.2026 |
| Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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| 22-BKG-GM2 Grundmodul Bild- und Kunstgeschichte II Grundmodul Bild- und Kunstgeschichte II | Bild- und kunsthistorische Orientierung | Studienleistung
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Studieninformation |
| 22-BKG-HM Hauptmodul Bild- und Kunstgeschichte der Moderne Hauptmodul Bild- und Kunstgeschichte der Moderne | Bild- und kunsthistorische Orientierung | Studieninformation | |
| 22-BKG-PFM Profil- und Forschungsmodul zur Vorbereitung der BA-Arbeit Profil- und Forschungsmodul zur Vorbereitung der BA-Arbeit | Bild- und kunsthistorische Orientierung zu einem exemplarischen Thema der Vormoderne oder der Moderne | Studieninformation | |
| 38-M6-Ku_HRSGe Vertiefung Kunstwissenschaft/Kunstvermittlung Vertiefung Kunstwissenschaft/Kunstvermittlung | Vorlesung zur Bild- und Kunstgeschichte der Moderne | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.