230387 Texte Franz Kafkas im Deutschunterricht (S) (WiSe 2007/2008)

In der Kafka-Forschung wird spätestens seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr ernsthaft bezweifelt, dass der Angestellte der Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag, der Kafka von 1908 bis 1917 war, im Rahmen seiner Tätigkeit wie kaum ein anderer Autor seiner Bedeutung und seiner Zeit Einblicke in die soziale Wirklichkeit der zunehmend weltweit kapitalistisch organisierten Arbeitswelt nehmen konnte. Diese Einblicke und Erfahrungen in den Fabriken Nordböhmens haben ganz offensichtlich sein Werk und dessen Thematik und Bildsprache entscheidend beeinflußt.

Eingang in didaktische Konzepte zum problem- und handlungsorientierten Umgang mit Kafka-Texten haben diese Analysen bisher jedoch für den Deutschunterricht in der Schule bis heute nur selten gefunden. So werden in den gängigen Deutschbüchern für die Schule bis heute noch immer die "rätselhafte Unwirklichkeit" Kafkas, "die typisch 'kafkaeske' Atmosphäre" seiner Texte oder die "Ich-Verkrampfung" des Autors (vgl. Cornelsen Deutschbuch) und andere Klischees regelrecht kultiviert und führen zu einem antiquierten Kafka-Bild. Diese antiquierten didaktischen Konzepte kritisch zu hinterfragen und durch neue didaktische Zugangsweisen auf der Basis der Kafka-Forschung zu ersetzen, soll im Seminar versucht werden.

Literatur:
Prosatexte und Romane Franz Kafkas in der Fassung der Handschrift (alles als Taschenbuch bei Fischer).
Sekundärliteratur: Uwe Jahnke, "Kurt Eisners Tötungsmaschine und Kafkas In der Strafkolonie: Hypertext und Denkbilder als Möglichkeiten für ein neues Leseverstehen eines Kafka-Textes im Deutschunterricht", in: Wirkendes Wort: Deutsche Sprache und Literatur in Forschung und Lehre. 56. Jahrgang, Heft 1, April 2006, S. 33-50. Weitere Literatur im Seminar.