300141 Finanzierung, Bilanzierung, Finanzialisierung (S) (WiSe 2014/2015)

Das Seminar setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich die Bedeutung von Finanzzahlen für die Aufrechterhaltung organisierter Sozialordnungen in ihrer gegenwärtigen Reichweite verstehen lässt. Diese Reichweite geht weit über die Bedeutung von Geld und Finanzkapital für Organisationen hinaus. Finanzzahlen beeinflussen Prozesse des Organisierens auch jenseits spezialisierter Tätigkeiten in der Buchhaltung, Bilanzierung und Planung. Sie findet sich auch in solchen Tätigkeitsfeldern, die in der Vergangenheit einer Erfassung durch Finanzzahlen in wesentlichen Teilen unzugänglich erschienen, so etwa in der Sozialarbeit, in der Krankenpflege oder der Wissenschaft. Aber auch mit Blick auf Wirtschaftsorganisationen ist zuletzt häufig von einem Prozess der Finanzialisierung die Rede gewesen, der das übersteigt (oder, wie manche Kommentatoren meinen: übersteigert), was traditionell als Erfordernis kapitalistischen Wirtschaftens galt.
Die gemeinsam zu lesende Literatur diskutiert sowohl historische Grundlagen und Entwicklungslinien der Bedeutung des Finanziellen für Organisationen als auch sozialtheoretische Bezugspunkte für das systematische Verständnis dieser Bedeutung. In der zweiten Hälfte des Seminars werden Studierende in explorativen Fallstudien der Bedeutung von Finanzzahlen in verschiedenen Organisationsfeldern nachgehen.

Literaturangaben

Fligstein, Neil, 1987: The Intraorganizational Power Struggle: Rise of Finance Personnel to Top Leadership in Large Corporations, 1919-1979. American Sociological Review 52: 44-58

Langley, Paul, 2007: Uncertain Subjects of Anglo-American Financialization. Cultural Critique 65: 67-91