Dass Kultur für Frieden steht, kann nur bei einem normativen Kulturbegriff angenommen werden, der davon ausgeht, dass sich kraft Aufklärung und Fortschritt die moralische Vervollkommnung der Menschheit in der Kultur ausgestaltet. Umgekehrt sieht die bis in die Antike zurückreichende Zivilisationsskepsis in der fortschreitenden Entfernung der Menschheit von glückseliger Natürlichkeit die Ursache für Schlechtigkeit, Zwietracht und Gewalt. Gegenüber den wertenden Kulturbegriffen ist zur Kenntnis zu nehmen, dass der Mensch ein kulturelles Wesen ist, und wenn seine Natur kulturell ist, dann sind Natürlichkeit und Künstlichkeit sowie ihr Gegensatz nur Spielarten der Kultur, die sich der grundlegenden Verflochtenheit mit der Natur nicht entziehen kann. Aus der Entkräftung des Gegensatzes zwischen Natur und Kultur folgt nicht zuletzt auch, dass Gewalt immer in der Kultur stattfindet, ebenso wie Frieden. Gewaltkultur und Friedenskultur bezeichnen damit lediglich Nuancierungen und Schwerpunktsetzungen, die jedoch im Hinblick auf das Zusammenleben von Relevanz sind. Gemeint ist, dass weder Gewalt noch Frieden substantielle Zustände sind, sondern ein Handeln, das vollzogen wird. Gewalt wird angetan. Frieden wendet sich gegen ein solches Antun. Dies bedeutet, dass Gewalt, damit sie ausgeübt werden kann, der Rechtfertigung bedarf. Ist sie nicht gerechtfertigt, entgegnet ihr eine Gegengewalt, die per se legitim ist. Eine der fundamentalen Einsichten des Friedensforschers Johan Galtung ist, dass die Rechtfertigung der Gewalt ebenso bedeutsam ist wie ihre Ausübung. Frieden ist daher nicht vorzustellen auf der Grundlage idyllischer Frohlockungen sondern als unaufhörliches Angehen gegen die Verlockungen der Gewalt. Es scheint sich der Vorstellungskraft zu entziehen, wozu eine Menschheit imstande wäre, die sich der Mühe des Friedens unterzieht.
Die Vorlesung richtet ihren Fokus speziell auf die fiktionalen Bereiche der Kultur. Hierbei wählt sie ihren Schwerpunkt im Bereich der romanischen Kulturen, bewegt sich jedoch nicht ausschließlich in ihnen. Sie wendet sich zunächst den Gewaltnarrationen zu und untersucht dabei weniger die Darstellung und schlichte Anwesenheit der Gewalt sondern vielmehr ihre narrativen Funktionen im Hinblick auf das Figurenhandeln und die Reaktion der Rezipient*innen. Es ist ein Allgemeinplatz, dass v.a. die audiovisuelle, narrative Kultur eine der Gewalt ist, bzw. eine in der der Gewalt eine überragende Handlungsoption eingeräumt wird. Wenn dies näher zu analysieren ist, dann auf der Grundlage der Einsicht, dass in einer Friedensperspektive das Problem nicht die verwerfliche Gewalt der Schurken ist sondern die erwünschte der Helden. Im Anschluss gilt es herauszuarbeiten, wie im Gegensatz hierzu eine Friedenskultur zu denken ist. Hierzu sind Friedenserzählungen in den Blick zu nehmen, die die Gewalt delegitimisieren und Handlungsoptionen den Vorzug geben, die ohne sie auskommen und das Zusammenleben fördern. Vorwegzunehmen ist, dass hierbei beides im Vordergrund steht: das Zusammen und das Leben. Hier lässt Frieden die reine Gegnerschaft zur Gewalt hinter sich und erschließt Horizonte jenseits der Zerstörung: Leben, das seine Potentialität entfaltet, aber nicht in Abgrenzung zu anderen Lebensformen sondern im Miteinander mit ihnen.
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Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.