Unterstützungsleistungen und pädagogische Interventionen erfolgen oftmals mit dem Ziel, das aktuelle oder zukünftige Wohlergehen der betroffenen Person zu sichern oder zu steigern. Eine solche Orientierung am Wohlergehen kann mit den unmittelbaren Wünschen der Person in Konflikt geraten. So wollen etwa viele Kinder morgens nicht aufstehen und zur Schule gehen, aber sie werden von ihren Eltern mehr oder minder sanft ›zu ihrem Glück gezwungen‹. Die Form des Zum-eigenen-Glück-Zwingens nennt man gemeinhin Paternalismus.
Der Ausdruck ›Paternalismus‹ wird in der Regel in einem abwertenden Sinne gebraucht: Paternalistische Handlungen gelten mindestens als moralisch fragwürdig, vielfach sogar als grundsätzlich verwerflich. Diese weithin geteilte anti-paternalistische Grundüberzeugung ist Ausdruck eines liberalen Selbstverständnisses, dem zufolge jeder Einzelperson die Gelegenheit gegeben werden müsse, sich seine eigene Vorstellung von einem gelingenden Leben zu bilden und diese in Eigenregie zu realisieren. Den Einzelnen als Autor seines eigenen Lebens zu respektieren heißt dann, ihn vor Einmischungen anderer zu schützen, zu denen auch und besonders staatliche Instanzen zählen.
Die gegenwärtige Soziale Arbeit verfügt über ein Selbstverständnis, das einen stark anti-paternalistischen Grundzug aufweist. Damit grenzt sie sich ersichtlich von älteren Formen Sozialer Arbeit ab, die sich noch verhältnismäßig unbekümmert auf vermeintlich allgemein verbindliche Lebensziele bezogen, an denen das Leben der Adressaten Sozialer Arbeit auszurichten sein sollte.
Man muss nun die Paternalismusskepsis der gegenwärtigen Sozialen Arbeit nicht grundsätzlich in Abrede stellen, wenn man sich fragt, ob ein strikter Anti-Paternalismus in der Sozialen Arbeit wirklich deskriptiv und normativ angemessen ist: Ist eine paternalismusfreie Soziale Arbeit überhaupt denkbar und, wenn ja, sollte man dies anstreben?
Anhand klassischer und neuerer Texte wird sich das Seminar mit den Fragen auseinandersetzen, inwieweit und in welcher Weise paternalistisches Handeln bzw. paternalistische Zielsetzungen zu rechtfertigen sind. Ausflüge in die Gebiete der Ethik und der politischen Theorie werden dabei notwendige Ergänzungen zu den erziehungswissenschftlichen Diskussionen bilden.
Master of Arts: Voraussetzung ist die Zulassung zum Master of Arts Erziehungswissenschaft
Das Seminar setzt zwar keine besonderen Vorkenntnisse hinsichtlich des behandelten Themenbereichs oder der theoretischen Kontexte voraus, verlangt aber eine gründliche Beschäftigung mit den im Seminar eingesetzten Texten. Überdies werden die Seminarsitzungen teilweise durch ca. 15-minütige Kurzreferate bestritten. Von den TeilnehmerInnen wird eine entsprechende Bereitschaft zur Mitarbeit erwartet.
Brumlik, Micha (2004): "Sind soziale Dienste legitimierbar?". In: Ders., Advokatorische Ethik. Zur Legitimation pädagogischer Eingriffe, Berlin, Wien, S. 230 ff.
Dworkin, Gerald (2010): "Paternalism". In: The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2010 Edition), hrsg. von E. N. Zalta [URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2010/entries/paternalism/>].
Giesinger, Johannes (2006): "Paternalismus und Erziehung. Zur Rechtfertigung pädagogischer Eingriffe". In: Zeitschrift für Pädagogik 52 (2006), S. 66–85.
Giesinger, Johannes (2007): Autonomie und Verletzlichkeit. Der moralische Status von Kindern und die Rechtfertigung von Erziehung. Bielefeld.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Module | Course | Requirements | |
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25-MEW3 Akteure & Beteiligung | E1: AdressatInnenbezogene Lebenslagen und gesellschaftliche Diskurse | Study requirement
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Student information |
E2: Professionelle Herausforderungen Sozialer Arbeit | Study requirement
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Student information | |
25-MEW3_wp Akteure & Beteiligung | E1: AdressatInnenbezogene Lebenslagen und gesellschaftliche Diskurse | Study requirement
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E2: Professionelle Herausforderungen Sozialer Arbeit | Study requirement
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Student information |
The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.
Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Erziehungswissenschaft / Master | (Enrollment until SoSe 2011) | ME 4.1; ME 5.1 | 4 | aktive Teilnahme | |||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Enrollment until SoSe 2008) | H.2.2 | scheinfähig |
aktive Teilnahme