220010 Herabsetzen und schmähen. Invektivität in der politischen Kultur Roms (GST) (SoSe 2022)

„Du Schandfleck, du Schmutz, du Kot!“, wetterte der römische Exkonsul Cicero gegen seinen Kollegen Piso und ist dabei für seine Verhältnisse noch zurückhaltend. Die Schmähung und Herabsetzung des politischen Gegners war in Rom üblich und wurde in der Antike als Kunst (ars invectiva) gesehen, die es als einzuüben galt. Der Rhetoriklehrer Quintilian empfahl seinen Schülern den kleinen rhetorischen shit storm als progymnasmata, einer Art rhetorischen Warm ups. Dabei galt es, nicht nur auszuteilen, sondern auch einstecken zu können.
Betätigungsfelder, Beleidigungsstile und Themen gab es viele, so dass sich ausgerechnet jener Cicero darüber beschwerte, in tam maledicta civitate, einer so schmähsüchtigen Stadt, zu leben. In dem Seminar wird es darum gehen, nicht nur die verschiedenen Gelegenheiten und Themen von Schmähungen kennenzulernen, sondern vor allem danach zu fragen, welche gesellschaftliche Bedeutung, welche destruktiven wie produktiven Kräfte Invektiven in der römischen Gesellschaft und politischen Kultur freisetzen konnten. Invektivität soll dabei aus kulturwissenschaftlicher Perspektive als Aspekt (politischer) Kommunikation diskutiert werden.
Lateinische Sprachkenntnisse sind für den Besuch der Veranstaltung sehr hilfreich, aber keine Voraussetzung (s. dafür die Sprachübung „Beleidigen für Anfänger).

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Lateinische Sprachkenntnisse sind für den Besuch der Veranstaltung sehr hilfreich, aber keine Voraussetzung (s. dafür die Sprachübung „Beleidigen für Anfänger).

Literaturangaben

- G. Schwerhoff, Invektivität und Geschichtswissenschaft. Konstellationen der Herabsetzung in historischer Perspektive – ein Forschungskonzept, HZ 311, 2020, 1-36.
- D. Pausch, Virtuose Niedertracht. Die Kunst der Beleidigung in der Antike, München 2021.
- S. Koster, Die Invektive in der griechischen und römischen Literatur, Meisenheim 1980.
- J. Booth, Hg., Cicero on the attack. Invective and subversion in the orations and beyond, Swansea 2007.