„Hartz IV“ hat sozialhilfeartige Leistungen wieder in den Mittelpunkt gesellschaftspolitischer Debatten gerückt.*) In den 1880er Jahren wurde in Deutschland die Sozialversicherung eingeführt. Sie verkörperte eine „Arbeiterpolitik“ für den ehrbaren, durch Beiträge für sich selbst sorgenden Arbeiter, von der die Armenhilfe als „Armenpolitik“ in der Folge scharf getrennt wurde. Erst über 100 Jahre später, im Jahre 2005 durch die Einführung von Hartz IV, wurde „Armenpolitik“ wieder zentral. Auch wenn die Sozialhilfe/Hartz IV verglichen mit Alterssicherung und Gesundheitswesen ein kleines soziales Sicherungssystem ist, kommt ihr doch eine große Bedeutung zu als moralisches Minimum, als unterster „Boden“ in der Gesellschaft, unter den niemand fallen soll. Zugleich ist die Sozialhilfe immer wieder Gegenstand von Kritik gewesen. Liberalen gilt sie als Anreiz, nicht zu arbeiten, Linken dagegen als stigmatisierend und sozial ausgrenzend. Liberale wie Linke, in den letzten Jahren zunehmend, schlagen als Alternative teilweise ein unbedingtes, einkommensunabhängiges Grundeinkommen für alle Bürger vor. Historisch war die Sozialhilfe/Armenhilfe die früheste Form staatlicher bzw. kommunaler Sozialpolitik, sie entstand in den europäischen Ländern im 16. Jahrhundert.
Die Sozialhilfe ist relativ wenig und erst spät (seit den 1990er Jahren) sozialwissenschaftlich erforscht worden. In den 2000ern verbreiten sich im weitesten Sinne sozialhilfeartige Leistungssysteme überraschend auch in Entwicklungsländern und werden von internationalen Organisationen wie Weltbank und Internationale Arbeitsorganisation propagiert. Die Veranstaltung liefert Bausteine zu einer soziologischen und sozialpolitischen Analyse der Sozialhilfe. Behandelt werden u.a.:
- Soziologische und sozialpolitische Theorien der Sozialhilfe, darunter Georg Simmels klassischer Aufsatz „Der Arme“ (1908)
- Empirische Analysen der Sozialhilfe, u.a. zu individuellen Bezugsverläufen („Sozialhilfekarrieren“, „Abhängigkeit“)
- Sozialhilfepolitik in Deutschland
- Internationaler Vergleich von Sozialhilfesystemen
- Die neue Rolle sozialhilfeartiger Leistungen („social cash transfers“) in Entwicklungsländern und in globalen Diskursen
Arbeitsformen:
• Vortrag des Lehrenden
• Erörterndes Gespräch zwischen Lehrendem und Studierenden („Mäeutik“)
• Gruppenarbeit in der Veranstaltung mit Präsentation der Ergebnisse
• Studentisches Referat mit Sitzungsmoderation
• Workshop (z.B. Arbeit an empirischem Material)
• U.U.Vortrag eines externen Experten
• Häusliche Vor- und Nachbereitung der Sitzung (Pflichtlektüre, „aktives Lesen“); ggfs. Erstellen einer Hausarbeit
• Verfolgen des Veranstaltungsthema in den Medien/Internet: u.U. kleinere Feldexploration zum Thema im eigenen Lebensumfeld
Lernziele:
• Fähigkeit, sozialwissenschaftliche Texte zu lesen
• Fähigkeit, sozialpolitische Debatten zu verstehen und zu hinterfragen
• Fähigkeit, soziale Sachverhalte wissenschaftlich zu analysieren
• Fähigkeit, sozialwissenschaftliche Theorien, Methoden und empirische Ergebnisse zu präsentieren
• Lernen, im Team zu arbeiten
• Lernen/Vertiefung der Techniken wissenschaftlichen Arbeitens, ggfs. Vorbereitung auf Abschlussarbeit
Keine besonderen Vorkenntnisse. Hilfreich: sozialpolitische Vorkenntnisse.
Petra Buhr, 2009: Zwischen Armutsvermeidung und Aktivierung: Sozialhilfesysteme in westlichen Ländern. In: Elmar Rieger und Herbert Obinger (Hrsg.), Wohlfahrtsstaatlichkeit in entwickelten Demokratien: Befunde, Herausforderungen und Perspektiven. Festschrift für Stephan Leibfried. Frankfurt a.M.: Campus, S. 545-575
Bahle, Thomas, Vanessa Hubl und Michaela Pfeifer: The last safety net. A handbook of minimum income protection in Europe. Bristol: 2011.
Leisering, Lutz (2009), Extending Social Security to the Excluded: Are Social Cash Transfers to the Poor an Appropriate Way of Fighting Poverty in Developing Countries? Global Social Policy, 9 (2), pp. 246–272.
Siehe auch Projekt FLOOR: www.floorgroup.de
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Module | Course | Requirements | |
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30-M-Soz-M4a Arbeits- und Wirtschaftssoziologie a | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information | |
30-M-Soz-M4b Arbeits- und Wirtschaftssoziologie b | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information | |
30-M-Soz-M4c Arbeits- und Wirtschaftssoziologie c | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information |
The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.
Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Gender Studies / Master | (Enrollment until SoSe 2013) | Hauptmodul 2; Hauptmodul 2.1; Hauptmodul 4; Hauptmodul 4.2; Hauptmodul 4.4 | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) | |||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Enrollment until SoSe 2008) | H.S.2; H.S.3 | scheinfähig | ||||
Soziologie / Diplom | (Enrollment until SoSe 2005) | 2.4.4; 2.4.8 | HS | ||||
Soziologie / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | Modul 1.3 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) | ||
Soziologie / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | Modul 2.3 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) |
Aktive Teilnahme:
• Regelmäßige Teilnahme (max. dreimal Fehlen)
• Lesen der Pflichtlektüre zu jeder Sitzung (als Lesehilfe s. dazu den „Leitfaden zum aktiven Lesen von Texten“; im StudIP, auch website des Veranstalters, „Lehre“)
• Zu jeder Sitzung (max. drei Nicht-Abgaben) zwei Fragen zur Pflichtlektüre beantworten, die im Kursplan aufgeführt sind. VOR jeder Sitzung (bis 11h) an elsbe.lueck@uni-bielefeld.de mailen, im Betreff schreiben: „Antworten (Beleg-Nr. der Veranstaltung) Sitzung Nr. … (Nachname)“.
• Vor der letzten Sitzung ein Veranstaltungsresümee (inhaltlich, didaktisch) einreichen (zu mailen an: [wie oben])
• Zu einer workshopartigen Sitzung ein kurzes Papier, Poster o.ä. vorher einreichen (an: [wie oben]; ersetzt die zwei Fragen zu dieser Sitzung).
Leistungsnachweis:
• „Aktive Teilnahme“ (s.o.)
• Referat mit PP und Sitzungsmoderation ODER
• Hausarbeit (Länge je nach FSB Ihres Studiengangs 12-25 S.). Abgabe bis 31.3.2013 (Ausdruck und Datei ) ODER
• Kleine empirische Studie/Projekt mit Bericht. Abgabetermin: wie Hausarbeit ODER
• Mündliche Prüfung (wenn bei Ihrem Studiengang vorgesehen) (Termine in letzter Vorlesungswoche und in erster Woche der vorlesungsfreien Zeit; in Listen an meiner Tür, U3-231, eintragen).
Gruppenarbeit ist erwünscht (i.d.R. 2 Personen).
Vor Referaten UNBEDINGT mindestens drei Wochen vorher in die Sprechstunde kommen. Danach Exposé erstellen (Gliederung, Beschreibung der Argumentation, Literaturliste), Feedback einholen, erst dann voll weiterarbeiten. Per e-mail oder Sprechstunde weiter mit dem Veranstalter kommunizieren.
Eine Note besser als 3 bzw. 2 ist nur erreichbar, wenn mindestens eines bzw. zwei der folgenden Kriterien ausgeprägt erfüllt sind: eigenständiges Umgehen mit theoretischen und empirischen Elementen; eigenständige Literatursuche (über Hinweise des Veranstalters hinaus).