300460 MA: Politik der Wahrheit (S) (SoSe 2021)

Die Veranstaltung wird pandemiebedingt in einem online-Format stattfinden.

Die Beziehung zwischen Wahrheit und Politik hat in jüngerer Zeit durch rechtspopulistische Postfaktizitätspolitiken wieder verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Angesichts der Corona-Pandemie und des Streits um das Verständnis und die Rolle von Wissenschaft hat sich die Situation nochmals verschärft. Ein Blick in die Ideengeschichte zeigt aber, dass die Beziehung zwischen Wahrheit und Politik erstens keineswegs ein neues Thema ist und dass sich zweitens kein einfaches Arrangement für diese Beziehung finden lässt: Während etwa Platon eine Philosoph*innenherrschaft der Wahrheit zu begründen sucht, hat Machiavelli die Notwendigkeit unterstrichen, dass Herrschende bei Bedarf auch von der Lüge Gebrauch machen müssen und spätestens seit Nietzsche erscheint Wahrheit selbst keineswegs als fester epistemischer Referenzpunkt, sondern als abhängig von Machtverhältnissen.
Nach Trump scheint ein Bedürfnis spürbar, der Wahrheit wieder zu Geltung zu verhelfen. Wie verträgt sich das aber mit einer wahrheitsskeptischen Epistemologie, die uns beispielsweise in Foucaults Denken begegnet? Kann man, zugespitzt gefragt, Lügen verurteilen, ohne auf feste Wahrheitsvorstellungen zurückgreifen zu können? Das als Lektürekurs angelegte Seminar wird sich mit diesen und anderen Fragen sowohl anhand ideengeschichtlicher als auch aktueller Positionen beschäftigen.