300960 "Schwierige Zielgruppen"? Ungleichheits- und diskriminierungssensible sozialwissenschaftliche Bildung (Fachdidaktische Vertiefung) (MEd) (S) (SoSe 2022)

Der Zusammenhang von sozialer Herkunft und (institutionalisierter) politischer Teilhabe ist empirisch breit erforscht (Kroh/Könnecke 2013; Elsässer 2018). Er wirkt sich unmittelbar auf das Ideal einer demokratischen, teilhabeorientierten Gesellschaft aus. Für die Bundestagswahl 2017 etwa gilt: Je wirtschaftlich stärker die Milieustruktur in einem Wahlbezirk ist, desto höher die Wahlbeteiligung (Reichmann 2019, 54). Dies kann als Zeichen einer zunehmenden Entfremdung mindestens eines Teils der Bürger*innen vom demokratisch-politischen System gelesen werden.
Politische Bildung hat qua ihres Bildungsauftrags die Aufgabe, diese ungleichen Startbedingungen aufzugreifen und alle Lernenden zu befähigen, an Politik und Gesellschaft teilzuhaben. Leider gelingt dies zunehmend nicht. Vielmehr perpetuiert das deutsche Bildungssystem auch die ungleichen politischen Startbedingungen der Lernenden. Eine ungleichheitssensible politische Bildung, die soziale Klasse respektive Klassismus als diskriminierendes Moment von nicht nur Bildungs-, sondern vielmehr umfassend von Lebenschancen (vgl. dazu Young 2011) ernst nimmt, muss sich fragen, wie sie mit dieser Herausforderung umgeht und jene Lernende adressiert, die besonders von politischer Ungleichheit betroffen sind. Insbesondere gilt es, didaktisch-methodische Vorschläge für eine ungleichheitssensible politische Bildung, die soziale Herkunft als diskriminierendes Moment ernst nimmt, zu entwickeln.

Dieser Aufgabe stellen wir uns im Seminar. Ziel ist es, fachliche und fachdidaktische Bezüge zu einer ungleichheits- und diskriminierungssensiblen sozialwissenschaftlichen Bildung herzustellen und hieraus Rückschlüsse für die eigene Professionalisierung und den Umgang mit Ungleichheiten im sozialwissenschaftlichen Unterricht zu erarbeiten.