300053 Gibt es eine Ideenevolution? Soziologische Überlegungen am Beispiel der frühmodernen Semantik (S) (WiSe 2019/2020)

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Eine der am meisten umstrittenen Fragen der gegenwärtigen soziologischen Theorie ist, ob man von Ideenevolution sprechen kann. In dieser Hinsicht sollte man zunächst erklären, was ist das, was evolviert. Man sollte ferner erläutern können, wie in diesem Fall die drei Mechanismen der Evolution (nämlich Variation, Selektion und Re-Stabilisierung) wirken, so dass man auch den Unterschied zwischen Begriffsgeschichte und Ideenevolution verdeutlichen kann.
In dieser Blockveranstaltung werden wir den vorläufigen Hinweisen folgen, die von der Theorie sozialer Systeme angeboten werden. Wir gehen von der Grundvoraussetzung aus, dass Ideen kein Korrelat mentaler Ereignisse sondern bewahrenswerte Sinnzusammenhänge sind, die zur Strukturierung des Kommunikationsvorgangs dienen. Wenn das, was evolviert, Sinn ist, dann schließt die Ideenevolution kausale Eingriffe der Umwelt aus. Denn nur Sinn kann den Sinn ersetzen, der in der Kommunikation als Ersatzvorstellung für die Umwelt verwendet wird (Campbell 1960b). Eine soziologische Theorie der Ideenevolution sollte erklären können, unter welchen Bedingungen eine solche Selbstsubstitution sich vollzieht, und wie das Substituierte sich restabilisiert.
In den drei Tagen dieser Blockveranstaltung werden wir diese hochabstrakte Hypothese auf die Probe stellen anhand von drei konkreten empirischen Fällen, die sich aus der frühmodernen Semantik ergeben, nämlich den Ideen der „Neugier“, des „Plagiat“ und des „System“. Wir werden zunächst versuchen zu verstehen, wie die jeweilige Idee im Laufe der Zeit sich veränderte und welche sozio-strukturelle Bedingungen die Selektion eines neuen Sinnes begünstigt haben. Wir werden sowohl auf die primäre als auch auf die sekundäre Literatur zugreifen, um die wichtigsten Gebräuche der Termini in den zeitgenössischen Texten zu verfolgen. Wir werden die semantische Umstellung aufgrund des neo-darwinistischen Evolutionsschemas von Variation-Selektion-Restabilisierung aufklären. Abschließend werden wir versuchen, einige Schlussfolgerungen in Bezug auf die Ausgangsfrage zu ziehen, ob es eine „Ideenevolution“ überhaupt gibt.

• Die Lektüre der angegeben Texte wird jeweils vorausgesetzt. Die Teilnehmer sind eingeladen, ein Referat vorzubereiten und den Leiter für die Gesamtplanung der Sitzungen im Vorfeld zu kontaktieren. Die Übung findet als Block in drei Tagen statt. Die Literaturliste und das detaillierte Programm der Veranstaltung werden Ende August mitgeteilt.

Bibliography

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Campbell, Donald (1960b): Blind Variation and Selective Survival as a General Strategy in Knowledge Processes. In: Marshall Yovits/Scott Cameron (Hrsg.), Self-Organizing Systems. Oxford: Pergamon Press, S. 205–228.

Campbell, Donald (1969): Variation and Selective Retention in Socio-Cultural Evolution. General Systems, 14, S. 69–85.

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Luhmann, Niklas (1981): Ideengeschichten in soziologischer Perspektive. In: Joachim Matthes (Hrsg.), Lebenswelt und soziale Probleme. Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 49–61.

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Luhmann, Niklas (2005): Einführung in die Theorie der Gesellschaft. Heidelberg: Carl-Auer Verlag, Kap. III: Evolution, S. 181–234.

Riedel, Manfred (1990): System, Struktur. In: Otto Brunner et al. (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 285–322.

Ritschl, Otto (1906): System und systematische Methode in der Geschichte des wissenschaftlichen Sprachgebrauchs und der philosophischen Methodologie. Bonn: Marcus und Webers Verlag.

Stein, Alois von der (1969): Der Systembegriff in seiner geschichtlichen Entwicklung. In: Alwin Diemer (Hrsg.), System und Klassifikation in Wissenschaft und Dokumentation. Meisenheim am Glan: Verlag Anton Hain, S. 1–14.

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