Etablierte Sprachlerntheorien gehen davon aus, dass der Mensch mit einer angeborenen Erwerbsfähigkeit ausgestattet ist oder dass der Spracherwerb ein Sonderfall allgemeinerer kognitiver Lernmechanismen ist. Zwar wird zugestanden, dass affektive und soziale Faktoren (u.a. Motivation, Angst, soziale Position des Sprachlernenden, gesellschaftliche Einstellung zu Mehrsprachigkeit, institutionelle und politische Rahmenbedingungen des Sprachenlernens) den Zweitspracherwerb oder das Fremdsprachenlernen beeinflussen können, aber der Erwerbs- oder Lernprozess soll – so die Annahme – im Kern letztlich doch im Gehirn stattfinden.
Entgegen einem solch engen kognitivistischen Verständnis von Sprachenlernen haben spätestens mit der Jahrtausendwende eine ganze Reihe von Forschungsansätzen die dynamische Interaktion zwischen sozialer Praxis und individueller Kognition zum Gegenstand von empirischen Untersuchungen und Theoriebildung gemacht. Dazu zählen u.a. Sociocultural Theory (vgl. Lantolf 2006), Second Language Socialisation (vgl. Zuengler, Cole 2005), Situated Second Language Learning (vgl. Norton 2000) und Associative Cognitive Creed Theory (vgl. Ellis 2007).
Anknüpfend an diese u.a. Ansätze wird in der Veranstaltung davon ausgegangen, dass die so genannten affektiven und sozialen Faktoren die Sprachlernprozesse nicht von außen beeinflussen, sondern dass Emotionen und soziales Umfeld konstitutiv für Lernprozesse sind. Kurz gesagt, das Erlernen von Sprachen betrifft immer die Person der Lernenden und nicht nur deren kognitive Strukturen. Dementsprechend bildet die Erfahrung der Lernenden die Grundlage für das Sprachenlernen und für die Erforschung von Sprachlernprozessen.
Nach einer Einführung in Theorieansätze, die eine erfahrungsbezogene Perspektive auf Zweitspracherwerbs- bzw. Fremdsprachenlerntheorien einnehmen, sollen diese für die Untersuchung von Lehr- und Lernprozessen eingesetzt werden. Dabei sollen Herausforderungen für die Unterrichtspraxis u.a. mit Blick auf die Heterogenität der Zielgruppen der Lernenden, die curricularen, institutionellen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen reflektiert werden. Dies geschieht in Form von Projekten, die zugleich als Grundlage für Hausarbeiten genutzt werden können.
Ellis, N. (2007). The Associative-Cognitive CREED. In: Van Patten, B. & Williams, J. (eds.). Theories in Second Language Acquisition. An Introduction. New York: Routledge, 77–95.
Lantolf, J. P. & Thorne, S. L (2006). Sociocultural theory and the genesis of second language development. Oxford: Oxford University Press.
Norton, B. (2000) Identity and Language Learning: Gender, Ethnicity and Educational Change. Harlow: Pearson Education Limited.
Zuengler, J., & Cole, K. (2005). Language socialization and second language learning. In: Hinkel, E (ed.), Handbook of research in second language teaching and learning. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum, 301–316.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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23-DAF-M7a Sprachlehr- und Sprachlernwissenschaften | Projekt-Seminar | benotete Prüfungsleistung
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Studieninformation |
Seminar oder Projekt-Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Projekt mit Ausarbeitung in Form einer Hausarbeit.