Die Lehrforschung dient dazu in die Praxis wissenschaftlichen Arbeitens einzuführen. Die Studierenden werden im Rahmen des vorgegebenen Rahmenthemas eine eigene Fragestellung entwickeln, einen Feldzugang herstellen, sowie Daten selbständig erheben und analysieren. Inhaltlich behandelt sie ein aktuelles Thema der Medien-, Technik-und Organisationssoziologie.
In nahezu allen Bereichen der modernen Gesellschaft spielen standardisierte quantitative Beobachtungsformen eine wichtige Rolle für die Organisation von Praktiken und Diskursen. Wirtschaft und Politik, Massenmedien und Sport, Wissenschaft und Gesundheitssysteme operieren mit Indizes, Rankings und Quoten und es lässt sich die These formulieren, dass diese Tendenzen in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen haben. Neuere Studien im Bereich von wirtschaftlichen Organisationen (Mennicken/Vollmer 2007; Hopwood/Miller 1994; Kalthoff 2007), modernen Staaten (Wagner 1995; Caroll 2006) und massenmedialen Publikumsorientierungen (Ang 1991, Wehner 2009) belegen diese These und zeigen zugleich die Fragen auf, die eine Soziologie der Quantifizierung und Standardisierung verfolgen kann.
Die Lehrforschung beschäftigt sich davon ausgehend mit den heterogenen Entstehungsbedingungen und den vielfältigen Konsequenzen einiger dieser Standardisierungen. Es geht, um es im Vokabular der Aktor-Netzwerk-Theorie (Latour/Woolgar 1979, Latour 2007) auszudrücken, um die Konfiguration von "Inscription Devices" (Akrich/Latour 1992) und die Zirkulation der so produzierten unveränderlichen (Latour 1987) und veränderlichen Mobilen (Law/Singleton 2005). Dabei ist weniger von Interesse, ob die Rankings, Indizes und Quoten nun gut oder schlecht, sauber oder verkürzend messen, sondern welche Zusammenhänge bestehen zwischen der Genese solcher Infrastrukturen der Quantifizierung und ihrer Inanspruchnahme und Interpretation in unterschiedlichen Kontexten.
Welche qualifizierenden Unterscheidungen werden in ihnen implementiert?
Mit welchen Unterscheidungen arbeiten die begleitenden Diskurse der Erklärung, Legitimierung und Bewerbung?
Welche Beobachtungsmöglichkeiten werden mit ihnen eröffnet und eingeschränkt und welche Formen werden in der tatsächlichen Verwendung und Deutung realisiert oder zusätzlich eröffnet und beschränkt?
Aus methodischer Perspektive ist die Lehrforschung im qualitativen Paradigma zu verorten. Nach einer kurzen Wiederholung der Grundlagen (Ayaß/Bergmann 2006; Silverman 2007), hier insbesondere die spezifische Forschungslogik, die Methodologie qualitativen Vorgehens, die Unterscheidung von Forschungsstilen und nicht zuletzt die methodischen Prinzipien der wichtigsten nicht-standardisierten Verfahren (Ethnographie, Gesprächs- und Interaktionsanalyse, Interview, Dokumentenanalyse etc.) sowie deren Kombinationsmöglichkeiten mit entsprechenden analytischen Ansätzen (Ethnomethodologie, Grounded Theory, Objektive Hermeneutik etc.) werden wir auf der Grundlage des Rahmenthemas die entsprechenden Forschungsfelder zunächst sondieren und anschließend den gesamten Forschungsprozess durchlaufen.
Zeitplan
Die Veranstaltung ist auf zwei Semester angelegt:
Im Laufe des ersten Semesters (SoSe 2010) werden wir daher nach einer kurzen konzeptionellen Einführungsphase an den Entwurf je eines Exposés pro Arbeitsgruppe gehen, dieses im Plenum zur Diskussion stellen, darauf hin einen kleinen Forschungsantrag (inkl. Arbeits- und Zeitplan) entwerfen und diesen dann in einem internen Review-Verfahren begutachten. Ab der zweiten Hälfte des ersten Semesters, spätestens im letzten Drittel beginnen wir mit der Feldforschungsarbeit. Auf diese Weise kann sie in der vorlesungsfreien Zeit zwischen dem Sommer- und dem Wintersemester 2010/11 weiter geführt werden und im zweiten Semester dann verschriftlicht, präsentiert und evtl. überarbeitet werden. Wir werden so in der Veranstaltung idealtypische Phasen des Entwurfes, der Planung, der Beantragung und der Durchführung eines qualitativen Forschungsprojektes bearbeiten und reflektieren.
Auftaktbesprechung (Ende Januar/Anfang Februar), Termin wird noch bekanntgegeben.
Die Lehrforschung wird ergänzt durch eine Studiengruppe (siehe Modul 7.2). Die Studiengruppen werden grundsätzlich von den Studierenden selbständig organisiert und von den Dozenten begleitet.
Abschluss des Einführungsmoduls; Kenntnisse in soziologischer Theorie; Kenntnisse in Organisations- und Technik/Mediensoziologie sinnvoll; Kenntnisse in qualitativen Methoden dringend erforderlich.
wird zu Beginn der Veranstaltung bekanntgegeben
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Soziologie / Diplom | (Enrollment until SoSe 2005) | 2.5 | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | Modul 7.1 | Wahlpflicht | 7.5 |