230101 Hitler-Bilder im Kino (S) (SoSe 2018)

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Hitler-Bilder im Kino sind seltener, als man zunächst wohl denkt. Am Rande taucht der Führer häufig auf, aber als zentrale, den Plot bestimmende Figur im Spielfilm findet man ihn kaum. Das liegt, naturgemäß, an der Dämonisierung, mit der man die historische Figur aus dem Erinnern ausgrenzt – selbst heute noch, mehr als 70 Jahre nach seinem Tod. Seine Repräsentationen schwanken dann zwischen Heroisierung (Riefenstahl) und Parodie (Chaplin), Mythisierung (Syberberg) und Bewältigung (Tabori) oder anarchischem Klamauk (Schlingensief).
Christoph Schlingensief selbst beschreibt sein Vorhaben als einen Versuch zur Abnutzung des Mythos Hitler: „Den Hitler hat man leider seit ’45 nicht abgenutzt. Man hat ihn nicht zum Gebrauch hingeworfen, hat gesagt, lest die Scheiße, nutzt es ab, benutzt es und dann wird es sich schon zerschleudern und zerfleddern, und keiner wird mehr Interesse haben, diese kaputte Jacke anzuziehen. Das passiert nicht, weil natürlich immer diese Hochadelskultur einsetzt und sagt: Nein, um Gottes Willen. Käseglocke drüber, Tempelanlage bauen! Wahnsinn! Vorsicht! Achtung! Kein falsches Wort jetzt! Und so weiter.“ Vielleicht wäre Abnutzung wirklich ein Weg, mit der Überlast, unter der auch DER UNTERGANG (Hirschbiegel) noch merklich leidet, zurecht zu kommen. Die meisten Filme, die wir analysieren werden, sind, wie dieser, um die letzten Tage des Führers Adolf Hitler im Bunker zentriert (Pabst, Heller u. a.): ein Stoff, der nicht eben einlädt, den Mythos zu „zerfleddern“ – sondern eher zur Remythisierung tendiert.
Generell gilt: Narrative Filme sind mitverantwortlich für unsere kognitive und emotionale Verarbeitung von ge-sellschaftlichen Ereignissen und können dadurch zu Medien des Gedächtnisses und der Identitätsstiftung werden. Fiktionale Bildmedien leisten dann eine spezifische Form der Aufarbeitung: auch zur Figur Hitler. Der Erfolg der Ge-dächtnis- und Erinnerungstheorien oder die Debatten um nationale Selbstverständigung in Deutschland sind deshalb nicht allein wissenschaftsgeschichtlich zu erklären, sondern den besonderen Umständen einer „verspäteten Nation“ (Helmuth Plessner) geschuldet, die sich erst mit dem Ende des 20. Jahrhunderts, durch den Zusammenbruch der DDR und die Auflösung des Systems der Warschauer-Pakt-Staaten bedingt, fragen musste, wie denn nun das wiedervereinigte Deutschland sich zu definieren habe, was Dreh- und Angelpunkt nationaler Identität sein könne und welche Narrative insbesondere diese Selbstvergewisserung adäquat bebildern sollten. Die Hitler-Imagines sind, ob wir das wollen oder nicht, ein Teil davon.
Wie lässt sich der Begriff der Nation klären; was wird inkludiert oder exkludiert auf dem Weg zu nationaler Identität? Braucht man dazu ein (filmisches) Bild des Führers – und den Gestus der Verwerfung? Welche Konfiguration des Anderen und des Fremden begleiten diese Inszenierungen? Wie sind solche Konstruktionen Hitlers mit dem Phänomen der kollektiven Erinnerung verknüpft, oder, genauer gefasst, dem kollektiven, kulturellen Gedächtnis? Handelt es sich um ein Speicher- oder ein Funktionsgedächtnis? Wie ist überhaupt das dialektische Verhältnis von Erinnern und Vergessen strukturiert? Und welchen Anteil haben daran die Topoi, an denen sich diese Prozesse vollziehen. Wenn man den Film als Gedächtnismedium begreift, muss geklärt sein, auf welche Weise Vergangenheit in Erinnerungsfilmen transformiert wird – auch mit den konstruierten Bildern des Führers Adolf Hitler.

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• In der UB ist zudem ein Medienapparat eingerichtet.

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