230358 Autorschaft im Mittelalter (V) (SoSe 2009)

"Über den Dichter ist leider nicht viel bekannt..." So heißt es häufig
in Referaten und Hausarbeiten zur Literatur des Mittelalters, und man
spürt das Bedauern der Studierenden, die es vom Umgang mit der neueren
Literatur her gewohnt sind, sich an Lebenszeugnissen und
Selbstkommentaren der Autoren zu orientieren. Diese Vorlesung verzichtet
programmatisch auf dieses "leider". Sie stellt eine nüchterne
Bestandsaufnahme an den Anfang: Von kaum einem Autor der
mittelhochdeutschen Epoche kennen wir mehr als den Namen; in den
seltensten Fällen lässt sich sagen, wer sich dahinter verbirgt. Und ein
großer Teil der überlieferten Texte kommt ganz ohne Autornennung aus,
wohinter offensichtlich eine Absicht steht. Es soll deshalb nach den
Funktionen von Namensnennung und Anonymität gefragt werden, auch von der
Rezeptionsseite her, da wohl immer ein Verlangen nach Autorisation
erkennbar ist. Untersucht werden deshalb die Autorkonzepte sowie die
vielen Autorenbilder, mit denen illuminierte Handschriften den Lesenden
entgegen treten.

Literaturangaben

Autor und Autorschaft im Mittelalter, hrsg. von Elizabeth Andersen u.a.,
Tübingen 1998.

Ursula Peters, ''Das Ich im Bild. Die Figur des Autors in volkssprachigen
Bilderhandschriften des 13. bis 16. Jahrhunderts'', Köln 2008.