Die soziale Rolle des Gastgebers wie auch des Gastes kann als historisch und kulturell universelle Erfahrung angesehen werden. In unterschiedlichsten Kontexten und Situationen spricht man selbst Einladungen an Familie, Freunde, Verwandte, Bekannte, Kollegen, usw. aus bzw. wird selbst eingeladen. Aussagen wie „Du bist jederzeit willkommen!“ oder „Komm’ doch mal vorbei!“ sind uns vertraut. Wenngleich mitunter ernst gemeint, nehmen wir diese „Einladungen“ selten wörtlich.
Der Gast kann aber auch ganz ohne Einladung erscheinen und das Gastrecht (als universales Recht?) in Anspruch nehmen: Beispiele wären „Überraschungsbesuche“ (von uns vertrauten Personen: Familie, Vermieter, Nachbarn usw., unter Umständen auch nicht Vertraute wie Spendensammler, Vertreter, etc.) oder Notsituationen, in welchen Menschen gezwungen sind, ihre vertraute Umgebung zu verlassen und eine Unterkunft zu suchen (von kurzen Zeiträumen bei Feuer-/Wasserschäden, verlorenen Wohnungsschlüsseln o. ä. bis hin zu Flucht und dauerhafter Vertreibung). Nicht nur etymologisch lassen sich hierbei Parallelen zur klassischen Simmelschen Fassung des Fremden - „als der Wandernde, der heute kommt und morgen geht, (…) (und) als der, der heute kommt und morgen bleibt - sozusagen der potentiell Wandernde“ (Soziologie 1908) herstellen. Auch der Gast kann lediglich kurze Zeit „zu Gast“ sein oder auch länger bleiben als uns unter Umständen lieb ist.
So universal die Figur des Gastes generell sein mag, die kulturelle Praxis des Gastrechts bzw. der Gastfreundschaft ist enorm vielfältig, wie auch eine interdisziplinäre geisteswissenschaftliche Tagung zum Thema „Der Gast in der Moderne. Typen und Formen erzählter Gastlichkeit“ am ZiF 2007 zeigen konnte. Wenig Aufmerksamkeit erhielt das Thema hingegen bislang in der empirischen Sozialforschung. Die Veranstaltung soll sich daher experimentell mit verschiedenen Methoden zur Exploration der Gastfreundschaft beschäftigen. Neben dem Studium von Grundlagentexten zur Ethnographie, der teilnehmenden Beobachtung und semi-strukturierten Interviewformen wie dem fokussierten Interview steht die Umsetzung der erworbenen Kenntnisse in kleineren empirischen Erhebungen/Feldstudien sowie die anschließende Reflexion der Erfahrungen im Feld bzw. erste Analyseschritte im Mittelpunkt der Veranstaltung. - „Ich freue mich auf Ihren Besuch!“
Scheinbedingungen:
Flick, Uwe, Qualitative Sozialforschung. Ein Handbuch, 5. Aufl., Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2007.
Girtler, Roland, Methoden der Feldforschung, 4. Aufl., Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2001.
Merton, Robert K./Kendall, Patricia L., „Das fokussierte Interview“ in: Hopf, Christel/ Weingarten, Elmar (Hrsg.), Qualitative Sozialforschung, Stuttgart: Klett-Cotta 1979, S. 171-204.
Scheffer, Thomas, „Das Beobachten als sozialwissenschaftliche Methode. Von den Grenzen der Beobachtbarkeit und ihrer methodischen Bearbeitung“, in: Doris Schaeffer/Gabriele Müller-Mundt (Hrsg.), Qualitative Forschung in den Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Bern: Huber-Verlag 2002, S. 351-374.
Weitere Literatur wird in der Veranstaltung bekannt gegeben.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.3.1 | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Modul 5.1; Modul 5.2 | (bei Einzelleistung/en 3 LP bzw. 6 LP zusätzlich) |