250244 Die Geometrie des Lehrens – Kritik der Unterrichtsmethoden. Warum es manchmal als Lehrer*in schlau ist, mit dem Blumentopf über den Schultisch zu springen (S) (SoSe 2024)

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Vorab: Dieses Methodenseminar für Lehramtsstudierende findet im Flexseminarraum X-E1-203 statt. Das ZLL hat uns nun den Raum am Dienstag 8:30-10:00 zugesichert.

Nun zum Inhalt:

Im Jahr 1978 sprang mein Biologielehrer mit einem Blumentopf in der Hand auf einen unserer Schülertische und rezitierte Zeilen aus Dostojewskis „Brüder Karamasov“ -mitten im Biologieunterricht. Es war ein Tag, nach dem Österreichs Bevölkerung knapp aber doch die Atomkraft ablehnte, bevor sie jemals in Betrieb gehen konnte. Und, es war 11 Jahre bevor der Schauspieler Robin Williams 1989 in der Rolle des Lehrers John Keating in Minute 43 des Films „Dead Poets Society“ (1) auf einen Tisch sprang – „Oh Captain! My Captain!"

Dies wird ein Methodenseminar. Es geht darum, methodisch durchzuspielen, was der Lehrer*innenjob ist und was der Schüler*innenjob. Beiden ist gemein, dass der Job “in der Regel nicht hinterfragt wird (man tut seinen Job), aber man tut ihn aus einer gewissen Distanz heraus … Ein zentrales Merkmal der praktischen Handhabung des „Unterrichts“ besteht darin, dass dessen Unterhaltungswert gesichert sein muss. Der Job, dem man Tag für Tag nachgeht, muss zumindest ein wenig kurzweilig sein. Denn…die wesentliche Möglichkeit, dem Unterricht seine Unterhaltsamkeit abzugewinnen, besteht aus der Distanz heraus in der Verfremdung und Umfunktionierung des „Unterrichts“ in Kommentaren, Sprüchen, Assoziationen” (2)

In dem Seminar geht es aber nicht um Unterrichtsmethoden zwecks Unterhaltungswert, zumindest nicht nur. Es geht nicht mal darum Schüler*innen zu „motivieren“. Das wäre sonst die zynischste Form des „gut gemeinten“ Unterrichts, oder wie Ansgar Allen es nennt: a „Benign Violence at school“ (3) Vielmehr geht es um die Frage, wie wir Lehrer*innen und Schüler*innen in einer Art & Weise an etwas teilnehmen, das über die bloße Anwesenheit hinausgeht. Das ist alles andere, als banal.

“Zwischen Teilnahme und Teilhabe an und durch „Bildung“ bestehen enge Bezüge. Während „Bildung“ als Prozess ein Anteilnehmen, ein Involviertwerden und ein Aneignen voraussetzt, was eine Überschreitung des Eigenen und eine Ex-Position des Selbst, eine Verausgabung und Hin-Gabe impliziert, ist es zugleich dieser Überschreitungsprozess, der ein Teilhaben ermöglicht” (4).

Wenn es also darum geht in Schule ein gesellschaftliches Teilhaben zu ermöglichen, sollten wir uns fragen, wie das methodisch aussieht: auf Tischen stehend, im Stuhlkreis sitzend, zwischen Arbeitstischen wechselnd, frontal, in Kleingruppen, in Freiarbeit, am Schulhof, in den Sozialen Medien, im Park, im Museum,….

Das Seminar beginnt schon methodisch mit der Frage, was denn die „Studienleistung“ des Seminars sein soll – und was die Prüfungsleistung? Zu proklamieren, wofür man überhaupt ins Seminar gekommen ist. Wie macht man das? Wie ein Sandwichboy/girl mit einem Post-It auf dem Rücken oder der Brust herumgehen und nach Gleichgesinnten suchen? Kann man das bereits zu Beginn verhandeln, in Gruppen lose besprechen, auf White Boards schreiben, eine WA Gruppe gründend, argumentieren oder abstimmen? Und was sagt der Lehrplan dazu - der geschriebene und der ungeschriebene.

Jedenfalls geht es im Seminar um Methoden zur Teilhabe, nicht zu Beruhigung oder zum Vermeiden von Unterrichtsstörungen. Teilhabe ist herausfordernd, manchmal vielleicht schrill, denn: „Anstatt zu unterstellen, dass Teilhabe etwas sei, das erlernt werden müsse, wäre es nicht weniger plausibel […], mit der Teilhabe zu beginnen, der Zugehörigkeit zur Totalität, zur Herkunftsgruppe, zu den Höhlenbewohnern, von denen man sich schon bei Platon erst separieren muss, um die Welt als eine geteilte Welt und sich selbst in ihr begreifen und dann auch handeln zu können” (5).

In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/erziehungswissenschaft/studium-und-lehre/studiendekanat/studienorganisation/platzvergabe/

Bibliography

1… Weir, P. (1989). A Dead Poets Society [Film], USA: Touchstone Pictures.

2… Breidenstein, G. (2006). Teilnahme am Unterricht. Ethnographische Studien zum Schülerjob. Wiesbaden: VS Verlag. S. 260

3… Allen, A. (2014). Benign violence: education in and beyond the age of reason. New York: Palgrave-Macmillan.

4… Jergus, K. (2017). Ausblick: Zwischen Teilnahme und Teilhabe. Das pädagogische Selbst zwischen Aneignung und Aussetzung. In: Jergus, K. & Thompson, C. (Hrsg.) Autorisierungen des pädagogischen Selbst. Studien zu Adressierungen der Bildungskindheit. Wiesbaden: Springer VS. 319-354. Hier: S. 340

5… Grabau, C. (2017). Bildung als Kunst, sich zu entziehen. Vom Verweigern, Desertieren, Abfallen und Aussteigen. In: Miethe et al. (Hrsg.), Bildung und Teilhabe. Wiesbaden: Springer, S. 157.

Teaching staff

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Frequency Weekday Time Format / Place Period  
weekly Di 8-10 X-E1-203 09.04.-16.07.2024
not on: 5/21/24

Subject assignments

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25-BE-IndiErg3_a IndiErg: Bildung und Didaktik E1: Bildung: Theorien und Institutionen Study requirement
Ungraded examination
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E3: Bildung: Theorien und Institutionen oder Didaktische Modelle und Lernräume Study requirement
Ungraded examination
Student information
25-BE11 Abschlussmodul E1: Seminar Study requirement
Student information
25-BE8 Bildung: Theorien und Institutionen E2: Theorien und Institutionen Study requirement
Student information
25-BiWi10 Schulentwicklung und Professionelle Kooperation E1: Organisations- und Schultheorie Study requirement
Student information
25-BiWi15_a Bildung, Erziehung und Unterricht (GymGe) E2: Organisation und Schulentwicklung Study requirement
Graded examination
Student information
25-FS-BE8 Bildung: Theorien und Institutionen E2: Theorien und Institutionen Study requirement
Ungraded examination
Student information
25-UFP2 Institutionen des Bildungs- und Erziehungswesens E1: Institutionalisierung von Bildung/Erziehung Study requirement
Student information
- Graded examination Student information
25-UFP2_a Institutionen des Bildungs- und Erziehungswesens E1: Institutionalisierung von Bildung/Erziehung Study requirement
Graded examination
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The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.

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Erziehungswissenschaft / Promotion Wahl  
Studieren ab 50    

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If the reference number is used for several courses in the course of the semester, use the following alternative address to reach the participants of exactly this: VST_450822231@ekvv.uni-bielefeld.de
Coverage:
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Wednesday, March 20, 2024 
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Tuesday, January 30, 2024 
Last update rooms:
Tuesday, January 30, 2024 
Type(s) / SWS (hours per week per semester)
S / 2
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