220163 Zeitregime (S) (WiSe 2018/2019)

Im Oktober / November wird François Hartog als erster Koselleck-Professor zu Gast an der Universität Bielefeld sein. Neben einem öffentlichen Vortrag am 25. Oktober und einem Workshop für Doktorand*innen wird er auch maßgebliche Teile eines Masterseminars bestreiten. Sie sind herzlich eingeladen, diese einmalige Möglichkeit zu nutzen.

Hartog ist weithin bekannt geworden für seine These, dass der spezifisch gegenwärtige Umgang mit Zeit (Zeitregime) mit dem Begriff des Präsentismus beschrieben werden könne. Er beschreibt es als Problem, dass unserer Gegenwart der Sinn für die Vergangenheit wie Zukunft gleichermaßen abhanden gekommen sei. Die Frage, die sich dadurch neu stellt, ist die, worin die spezifische Qualität des Historischen besteht und wozu Geschichte von Nutzen sein kann.

Die ersten 8 Sitzungen des Kurses wird Hartog selbst leiten. Er hat sie unter die Überschrift 'Revisiting the Topos of Historia Magistra Vitae' gestellt und wie folgt umrissen:
The general aim of the seminar is to sketch an archaeology of the modern concept of History. Therefore, we shall move from the formation of the topos to its “dissolution”, to quote Reinhart Koselleck’s famous article (“Historia magista vitae: the Dissolution of the Topos into the Perspective of a Modernized Historical Process”). How shall we proceed? By reading and commenting every week a selection of texts used as landmarks, starting with the Ancient Greek Historians. To give only two names, we shall go from Herodotus to Condorcet: from the ancient regime of historicity to the modern one, from the ancient concept of time to the emergence of the new one. The focus will be put on the questionings and reformulations of the topos in the long run.

Die zweite Hälfte des Semesters werden wir dazu nutzen, diese Zeitkonzepte noch einmal im globalen Kontext zu hinterfragen und auf Implikationen hin zu prüfen, wie ein angemessen begründeter Umgang mit Zeit im 21. Jahrhundert aussehen könnte.

Der Rahmen des Seminars verlangt in besonderer Weise Verbindlichkeit. Das bedeutet in jedem Fall regelmäßige Teilnahme. Die grundlegenden Texte sind auf deutsch vorhanden. Sie sollten aber keine Scheu haben, sich mit Hartog auf Englisch verständigen zu wollen. Das ist nur eine kleine Hürde, kein Ausschlusskriterium. In jedem Fall sollten Sie bereit sein, zu lesen. Die Lektüre der angegebenen beiden Bücher ist unabdingbar. Bei Interesse wäre es schön, wenn Sie lars.deile@uni-bielefeld kontaktieren.

Bibliography

• Reinhart Koselleck: Futures Past. On the Semantics of Historical Time (Cambridge, Mass. 1985). Deutsche Originalausgabe: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten (Frankfurt am Main 1979).
• François Hartog: Regimes of Historicity. Presentism and Experiences of Time (New York 2015). Französische Originalausgabe: Régimes d’historicité. Présentisme et expériences du temps (Paris 2003).