Die modernen Praktiken des Vergleichens von "Gesellschaften" (bzw. "Zivilisationen" oder "Kulturen") wurden im Zeitalter der europäischen Entdeckung und Kolonialisierung der Welt erfunden. Der Gesellschaftsvergleich entstand dort als eine imperialistische und eurozentrische Praxis, in der die Reflexion über die Eigenarten und Errungenschaften der eigenen "Gesellschaft" mit dem Vergleich fremder und vergangener "Gesellschaften" sowie der Theoriebildung über die Grundlagen und Formen, den Wandel und „Fortschritt“ menschlicher Vergesellschaftungen überhaupt verbunden wurde. Gleichzeitig existierende "Gesellschaften" (aus eurozentrischer Sicht: die „Wilden“ und „Barbaren“ in z.B. den Amerikas oder Asien) wurden mit längst vergangenen "Gesellschaften" (z.B. der griechischen und römischen Antike) verglichen und auf einem Zeitstrahl der „Evolution“ menschlicher "Gesellschaften" in Stufen oder Stadien der Entwicklung angeordnet, der als universal vorgestellt wurde und an dessen Spitze sich die Europäer*innen selbstverständlich selbst stellten. Die Welt stellte aus dieser Sicht ein „Museum der Menschheitsgeschichte“ dar; die Erforschung der „Wilden“ und „Barbaren“ wurde für eine Zeitreise in die Vergangenheiten der eigenen und universalen Gesellschaftsgeschichte, zurück zu den Ur- oder Naturzuständen der Vergesellschaftung gehalten. Aus dieser Zeit und ihrem imperialistischen, eurozentrischen und teils auch sozialdarwinistischen Geist stammen auch der soziologische Gesellschaftsvergleich und Gesellschaftsbegriff wie auch die soziologischen Gesellschaftstypen, die heute noch in Gebrauch sind. Wenn zum Beispiel von „primitiven“, „archaischen“, „segmentären“ oder „Jäger- und Sammlergesellschaften“ gesprochen wird, dann war dieser Begriff nicht vergangenen Zeiten abgewonnen, sondern der imperialistischen und eurozentrischen Beobachtung der kolonialen Anderen, die als „wild“ und „unzivilisiert“ gesehen wurden.
Im Seminar gehen wir der Entstehung des soziologischen Gesellschaftsvergleichs aus der imperialistischen Weltanschauung nach und verfolgen seine Entwicklung im Fach bis in die Gegenwart. Dabei fragen wir kritisch: Wieviel Restbestände eurozentrischer, imperialistischer und sozialdarwinistischer Annahmen haben sich in den soziologischen Gesellschaftsvergleichen bis in die Gegenwart gehalten? Welche Rolle spielen sie in der Produktion soziologischen Wissens und soziologischer Wahrheiten? Lassen sich "Gesellschaften" überhaupt gerecht miteinander vergleichen?
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-FS-EM Einführungsmodul | E2: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | |
E3: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | ||
25-FS-GM Grundlagenmodul | E2: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | |
E3: Einführende Veranstaltung aus den Fakultäten | Studieninformation | ||
30-M22 Fachmodul Soziologische Theorie/ Geschichte der Soziologie I | 1. Vertiefendes Theorieseminar | Studienleistung
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Studieninformation |
2. Vertiefendes Theorieseminar | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M31 Fachmodul Soziologische Theorie/ Geschichte der Soziologie II (erweitert) | Vertiefendes Theorieseminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Vertiefendes Theorieseminar 2 | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M4_ver1 Soziologische Theorie I | Vertiefendes Theorieseminar | Studienleistung
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Studieninformation |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M9 Soziologische Theorie II (Vertiefung) | Vertiefungsseminar zur soziologischen Theorie I | Studienleistung
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Studieninformation |
Vertiefungsseminar zur soziologischen Theorie II | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: