220309 Invektivität: Interdisziplinäre Perspektiven auf Phänomene der Herabsetzung (S) (SoSe 2025)

Phänomene und Strukturen der Herabsetzung, der Beleidigung und Ausgrenzung prägen Gesellschaften. Die Erscheinungsformen sind, gerade historisch betrachtet, extrem divers: Politische und soziale Kontroversen werden nicht erst seit Donald Trump im Modus der Herabsetzung geführt; antikes Theater arbeitete ebenso mit Bloßstellung und Verlachen wie moderne Sitcoms; Gruppenzugehörigkeiten werden stets in Abgrenzung zu Anderen oder gar Fremden vorgenommen und in den letzten Jahrzehnten sind Diskussionen über unterschiedlichste Formen der Diskriminierung aufgrund von race, class und gender allgegenwärtig.

Invektive Akte knüpfen an unterschiedlichste Zuschreibungen an, bspw. ethnische, nationale oder religiöse Zugehörigkeiten, soziale Positionen oder Geschlecht. Dabei wirken sie nicht zwangsweise destruktiv, sondern können auch stabilisierendes oder gar produktives Potential entfalten - die Reformation des 16. Jahrhunderts ist bspw. ohne die grundsätzliche Herabwürdigung der konfessionellen Gegner nicht zu denken. Im Seminar wollen wir der Frage nachgehen, wie Phänomene der Herabsetzung und ihre Auswirkungen wissenschaftlich beschrieben und analysiert werden können. Dabei konzentrieren wir uns auf einzelne Aspekte (welche Rolle spielte z. B. Öffentlichkeit oder Publikum; inwiefern werden soziale Normen überschritten aber auch aktualisiert; wie verhalten sich Komik und Herabsetzung zueinander etc.) und greifen auf kulturwissenschaftliche und soziologische Theorieangebote zurück.

Literaturangaben

• Ellerbrock, Dagmar u.a., Invektivität – Perspektiven eines neuen Forschungsprogramms, in: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift 2 (2017), S. 2-24.
• Schwerhoff, Gerd, Invektivität und Geschichtswissenschaft. Konstellationen der Herabsetzung in historischer Perspektive – ein Forschungskonzept, in: HZ 311 (2020), S. 1-36.