„Peinliches Schweigen. (…) Man hat sich nichts zu sagen. Das darf man nicht sagen. Wenn man nichts sagte, würde man ebendies sagen. Darum muß man ständig etwas sagen, um nicht sagen zu müssen, daß man sich nichts zu sagen weiß. Deshalb: Musik!“ (Hahn 1991: 101f.)
Geheimnisse und Geheimhaltungen haben in vielerlei Hinsicht einen schwierigen Stand. Lügen, Heimlichkeiten und Täuschungen tragen alltags- und umgangssprachlich negative Assoziationen mit sich, die in einer modernen Gesellschaft vielen scheinbar erstrebenswerten Idealen zuwiderlaufen: In Unternehmen arbeiten schließlich »Freunde statt Kollegen«, die sich nichts zu verheimlichen haben; gesellschaftlich institutionalisierte Idealisierungen von Organisationen erachten transparente Maßnahmen inzwischen als zwingend erforderlich, um Regelbrüchen, Inkonsistenzen oder Risiken entgegenzuwirken; und moderne Partnerschaften widmen sich zunehmend der Illusion hin, dass sie einander nicht nur vieles, sondern alles erzählen können – oder schlimmstenfalls sogar müssen!
Soziologisch ist man in solchen Zusammenhängen etwas irritiert. Denn die bei Weitem nicht vollständige Liste der alltäglichen Einwände und Problematisierungen gegenüber Geheimnissen, ihren Geboten oder gar Pflichten sollte nicht unseren Blick dafür trüben, dass nicht nur die selektive Darstellung unserer Selbst, sondern ebenso die selektive Wahrnehmung unserer Gegenüber durch ein Mindestmaß legitimer sowie zwingend notwendiger gegenseitiger Verschwiegenheit geprägt ist. „Wir könnten nicht mehr sein, wer wir sind, wenn alle wüssten, was wir waren“, schreibt Alois Hahn (2011: 323) in diesem Zusammenhang, und drückt damit aus, dass zwischenmenschliche Beziehungen stets auf der Einschränkung beruhen, dass bei genauer Betrachtung alle zwar etwas, womöglich sogar recht viel, aber nie jemand alles über das oder die Gegenüber weiß. Ist das aber wirklich verwerflich? Sind diese Umstände nicht vielmehr Grundlage unseres sozialen Zusammenlebens?
Die sozialen Funktionen und Folgen von Geheimnissen, insbesondere im Zusammenhang mit Organisationen, werden uns in diesem Seminar interessieren. Wir werden uns dafür mit zwei inhaltlichen Schwerpunkten auseinandersetzen – mal differenziert voneinander, mal kombiniert miteinander: In einem ersten Teil werden wir einen ausgewählten Einblick in die viel beforschte Organisationssoziologie werfen. Im zweiten Teil der Veranstaltung beschäftigen wir uns mit der »Geheimnissoziologie«, die zumindest verglichen mit anderen Bindestrichsoziologien kein allzu ausführlich bearbeitetes Thema in der Disziplin darstellt. Das gilt insbesondere, wenn wir beide genannten Schwerpunkte miteinander vereinen: Auseinandersetzungen, die sich mit Geheimnissen in und von Organisationen beschäftigen, sind vergleichsweise selten. Reizvoll an dieser thematischen Auseinandersetzung ist für Sie und uns also der Umstand, dass wir uns einige grundlegende Themen und Ideen gemeinsam erarbeiten können.
Zur Seminargestaltung gibt es darüber hinaus zwei wichtige Prämissen:
1) Beachten Sie bitte, dass wir von Woche zu Woche ca. 20-30 – häufig auch englischsprachige – Seiten lesen werden, die sich im Normalfall nicht mal eben überfliegen lassen. Das mag auf den ersten Blick etwas abschreckend klingen, wird aber eine gute Übung für Ihr weitergehendes Studium sein. In jedem Fall bedeutet das, dass Sie dieses Seminar nur besuchen sollten, wenn Sie dazu bereit sind, die entsprechende Arbeitszeit zu investieren.
2) Diese Veranstaltung stellt keine Vorlesung dar, in der Sie fertiges Wissen serviert bekommen – das funktioniert allein deshalb schon nicht, weil wir uns dieses Wissen überhaupt erst gemeinsam anschaffen müssen. Das Seminar wird darauf ausgelegt, dass wir textnahe Diskussionen führen, bei denen Sie eine gewichtige Rolle einnehmen werden.
Wenn Sie sich vorstellen können, das Seminar zu besuchen, kommen Sie doch einfach zur ersten Sitzung dazu. Wir werden die Frage zu klären versuchen, ob Sie in der für Sie richtigen Veranstaltung sitzen. Wenn Sie schon vorab Fragen oder Hinweise haben, immer & jederzeit gerne per Mail: dennis.firkus@uni-bielefeld.de.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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30-M23 Fachmodul Organisation I | Seminar 1 (z. B. Grundlagen der Organisationssoziologie) | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information |
The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.
A corresponding course offer for this course already exists in the e-learning system. Teaching staff can store materials relating to teaching courses there: