250179 "Je est un autre": Literarisches Schreiben, Bildungsmomente und Fremdheitserfahrungen zwischen "Überseezungen" und Klischees (BS) (SoSe 2015)

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"In Deutschland wurde ich immer als eine Fremde betrachtet, die die Sprache der Einheimischen von Außen antastet. [...] In Deutschland würden die meistens Menschen nicht behaupten, dass die deutsche Sprache von anderen nicht geschrieben werden darf. Aber indirekt geben sie einem immer wieder zu verstehen, dass die Sprache ein Besitztum sein muss. Sie sagen zum Beispiel, dass man eine Fremdsprache nie so gut beherrschen könne, wie die Muttersprache. Man bemerkt sofort, dass das Wichtigste für sie die Beherrschung ist. Meiner Meinung nach ist es überflüssig, eine Sprache zu beherrschen. Entweder hat man eine Beziehung zu ihr oder man hat keine. Andere sagen, nur in der Muttersprache könne man authentisch seine Gefühle ausdrücken, in einer Fremdsprache lügt man unwillkürlich. Sie fühlen sich bei ihrer Suche nach dem authentischen Gefühl gestört, wenn sie ihre Sprache auf fremden Zungen sehen. Es gibt auch Menschen, die behaupten, in einer Fremdsprache ist die Kindheit abwesend. Aber ich fand nirgendwo so viel Kindheit wie in der deutschen Sprache. Schmatzen, schnaufen, schluchzen, schlürfen: Viele deutsche Wörter klingen wie Onomatopoesie".
Yoko Tawada
Tawada reflektiert in "Überseezungen" nicht nur die Projektionen der "Eingeborenen" gegenüber nicht-MuttersprachlerInnen in Deutschland, sondern entfaltet poetisch einen Blick auf verschiedene Beziehungen zu Sprache, zum Sprechen und Bezeichnen. Sie lotet Fragen aus wie die, ob die Muttersprache nicht viel äußerlicher ist als eine später erlernte Sprache oder ob man sagen könnte, "die Muttersprache macht die Person, die Person hingegen kann in einer Fremdsprache etwas machen". Es geht ums Lesen des Unverstandenen, ums Träumen in unbekannten Sprachen, um Übersetzungen, in denen Ähnliches verschieden wird: "Das Wort 'share' kam mir wie eine gutmütige Geste vor, während das Wort 'teilen' sachlich, sogar kalt klang".
Nicht nur beim Schreiben in Überseezungen, sondern konstitutiv ist literarisches Schreiben Übersetzung des Nicht-Sprachlichen ins Sprachliche, des Unsagbaren in Worte, der Regeln ins Spezifische, des Spezifischen in die Regeln, des Fremden ins Vertraute, des Vertrauten ins Fremde, des Eigenen ins Andere, des Anderen ins Eigene, des eigenen Anderen ins andere Eigene, was sich in plötzlichen Einfällen nicht weniger offenbart als in den Objektivationen, in denen wir plötzlich ganz außer uns sind.
In diesem Seminar werden wir versuchen, uns auf literarisches Schreiben, auf diese Übersetzungen, auf Überseezungen und auf das Spannungfeld zur Sprache zwischen Beherrschung und Beziehung einzulassen, um diese Erfahrungen zu reflektieren und darüber zu diskutieren, wie sie sich zur Verdinglichung von Bildung, zu kulturindustriellen Klischees und zur Subjektivität verhalten und was sie für einen migrationspädagogischen Kontext bedeuten können.

Bibliography

Adorno, Theodor W.: Theorie der Halbbildung. In: Gesammelte Schriften Bd. 8. Frankfurt am Main 1997.
Freud, Sigmund: Der Dichter und das Phantasieren. Studienausgabe Bd. X. Frankfurt am Main 2000.
Tawada, Yoko: Überseezungen. Tübingen 2006.
Tawada, Yoko: Das Fremde aus der Dose. Graz/ Wien 1992.
Weitere Literatur wird im Seminar bekannt gegeben.

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one-time Sa 10-19 C2-144 18.04.2015
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