Wenn man in einer gängigen Literaturgeschichte auf die Erwähnung der Person Rudolf Borchardts trifft, erhält man meist die äußerst unbefriedigende Skizzierung eines klassizistischen Formfetischisten, der sich den Neuerungen der modernen Literatur konsequent verschließt, sei es im Bereich des Stils oder auch der Inhalte. Hinzu kam in der Forschung eine radikale Beschränkung auf Borchardts politischen, einen monarchistischen Ständestaat herbeisehnenden Konservatismus. Dabei wurde in beiden Fällen übersehen, daß sich sowohl in der Formstrenge der Borchardtschen Lyrik, als auch in seiner ästhetischen Theorie und seiner politischen Gesinnung ein viel tieferes gemeinsames Konzept verbirgt, welches keinen großen Widerspruch zu den Ideen der Literatur der klassischen Moderne bietet. Das Gegenteil ist der Fall: Borchardt fühlt sich in seinem Gesamtwerk dazu verpflichtet, die revolutionäre Rolle des Dichters neu zu überdenken und vor allem die Dichtung selbst als eine von jeglicher Modeerscheinung losgelöste Institution zu verstehen. Aus diesem Grund betreibt er eine Mythisierung des Dichterbegriffes. Daher soll in diesem Seminar auch das Verhältnis von Mythos und der hermetischen Verschlossenheit der Sprache Rudolf Borchardts nicht nur in seiner Lyrik, sondern auch in seinen essayistischen Arbeiten im Vordergrund stehen. Dabei soll herauskristallisiert werden, daß die Mythisierung in erster Linie ein stilistisch-technischer Akt ist, den Borchardt nicht nur in seinen poetischen, sondern auch in seinen politischen Schriften verwendet, deren ideologische Aussagekraft jedoch angesichts der poetischen Metapher des Mythos, die er wie einen Tropus gebraucht, im Dickicht der Sprache versickert. Es soll daher ¿ unter Konsultierung neuerer Forschungsliteratur - Ziel dieser Lehrveranstaltung sein, Borchardts mythische Sprache als eine poetische Sprache zu definieren. Bereits in der ersten Sitzung soll Adornos wichtiger Aufsatz zu Borchardt, Die beschworene Sprache aus den Noten zur Literatur diskutiert werden. Seine Kenntnis wird also vorausgesetzt.
Literaturangaben:
Hildegard Hummel: ''Rudolf Borchardt. Interpretationen zu seiner Lyrik,''Frankfurt am Main 1983.
Kai Kauffmann: Rudolf Borchardt und der "Untergang der deutschen Nation": Selbstinszenierung und Geschichtskonstruktion im essayistischen Werk, Tübingen 2003
Kai Kauffmann: Dichterische Politik: Studien zu Rudolf Borchardt, Bern 2001
Werner Kraft: Rudolf Borchardt: Welt aus Poesie und Geschichte, Hamburg 1961.
Ernst Osterkamp (Hg.): Rudolf Borchardt und seine Zeitgenossen, Berlin 1997.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period | |
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weekly | Mo | 18-20 | C2-144 | 15.10.2007-08.02.2008
not on: 12/24/07 / 12/31/07 |
Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Germanistik / Bachelor | (Enrollment until SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | BaGerPoB2; BaGerP2L | 4/4 | |||
Germanistik / Master of Education | (Enrollment until SoSe 2014) | BaGerPoB2; BaGerP2L | 4/4 | ||||
Germanistik (GHR) / Bachelor | (Enrollment until SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | BaGerPoB2; BaGerP2L | 4/4 | |||
Germanistik (GHR) / Master of Education | (Enrollment until SoSe 2014) | BaGerPoB2; BaGerP2L | 4/4 | ||||
Germanistik/Deutsch | MA/SII; LIT; B.6 | Teilleistung der Abschlussprüfung möglich HS | |||||
Literaturwissenschaft / Magister | Haupt- und Nebenfach | LTG | Teilleistung der Abschlussprüfung möglich HS | ||||
Literaturwissenschaft / Master | (Enrollment until SoSe 2009) | MaLit4 | 2/4 |