Über die Frage, wo der Beginn der Moderne anzusetzen ist, läßt sich streiten. Einiges spricht aber dafür, sie mit Charles Baudelaire beginnen zu lassen, der als skandalisierter Dichter, Übersetzer, Drogen-Theoretiker und hellsichtiger Kommentator des Kunst- und Literaturbetriebs seiner Zeit eine neue Ästhetik propagiert, deren Wirkungsmacht kaum überschätzt werden kann. Wie vor ihm bereits Edgar Allan Poe und Thomas De Quincey die kalkulierten Schock-Effekte einer Ästhetik des Häßlichen nutzten um genuin moderne Erfahrungen wie das Erlebnis der Großstadt und der Masse literarisch zu fassen, versieht Baudelaire, so Walter Benjamin, das Angesicht der Moderne mit einem Kainszeichen.
Baudelaires Essays über Bildende Kunst, Mode, die "Essenz des Lachens" und die künstlichen Paradiese des Haschischgenusses werden wie einige Beispiele aus der Gedichtsammlung Die Blumen des Bösen im Zentrum des Seminars stehen, mit einem Seitenblick auf die Poetik des Prosagedichts, als dessen Erfinder Baudelaire gelten kann.
Neben der Vorgeschichte dieser Konzeption von Moderne in Texten und Bild-Kunstwerken der europäischen Romantik, wird auch ihre Nachwirkung am Beispiel einzelner Autoren und Texte zu beleuchten sein. So folgt Stéphane Mallarmés symbolistische Dichtung der Korrespondenz-Theorie Baudelaires und übernimmt zahlreiche Themen und Motive, häufig im Zitat oder in Anspielungen, aus dessen Lyrik. Autoren wie Arthur Rimbaud, Guillaume Apollinaire und Joris-Karl Huymans entfalten die schwarze Seite der modernen Ästhetik in Gedichten, Erzählungen und Essays über Hölle und Untergang, Drogen und satanistische Rituale. Diese Strömungen kulminieren gegen Ende des 19. Jahrhunderts in einer Ästhetik der Dekadenz, die auch von Konzepten der zeitgenössischen Psychologie und Philosophie flankiert wird.
Textgrundlage des Seminars kann angesichts der Fülle disparater Texte nur eine Zusammenstellung in Form eines Readers sein, die zu Beginn des Wintersemesters bereitgestellt wird. Einen ersten Eindruck von der Vielfalt der Texte und Tonlagen bietet die Textsammlung Fin de siècle: Erzählungen, Gedichte, Essays, hg. v. Wolfgang Asholt und Walter Fähnders, Stuttgart 1993 (= Reclam UB 8890), die ich zur Anschaffung empfehle.
Angeschafft werden muß überdies:
Charles Baudelaire: Die Blumen des Bösen. Les Fleurs du mal, dt. v. Friedhelm Kemp, Frankfurt am Main 1997 (und öfters). Bitte kaufen Sie nur diese zweisprachige Taschenbuch-Ausgabe von dtv!
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Literaturwissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2009) | MaLit2 | |||||
Literaturwissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2009) | MaLit3 | |||||
Literaturwissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2009) | MaLit8 |