Diese Veranstaltung ist der empirische Zwilling der Veranstaltung "Wohlfahrtsmärkte (Theorieseminar)" (300381). Wer beide Veranstaltungen im WiSe 2008/2009 besucht, kann damit das Modul 2.3 "Wirtschaft und Wohlfahrtsstaat" (Master Soziologie) abschließen, da das Thema "Wohlfahrtsmärkte" im Schnittfeld der beiden Gebiete des Moduls, Wirtschaft und Wohlfahrtsstaat, liegt.
Ein Besuch des Empirieseminars (300382) ist nur möglich, wenn parallel das Theorieseminar (300381) besucht wird. (Das Theorieseminar kann dagegen auch allein besucht werden, eine Vertiefung durch das Empirieseminar wird allerdings empfohlen.)
Seit den 1980er Jahren, in Deutschland erst seit den 1990ern, ist in entwickelten Ländern ein gesellschaftspolitischer Wandel zu beobachten, der mit Begriffen wie Liberalisierung, Privatisierung, Deregulierung und Vermarktlichung beschrieben wird. Der Wandel erstreckt sich insbesondere auf öffentliche Infrastrukturbereiche wie Telekommunikation, Energie, Bahn und auf die Sozialpolitik, besonders auf Alterssicherung, Pflege, Arbeitsvermittlung und Krankenhäuser. Hierin wird vielfach eine bloße quantitative Verschiebung von Staat zu Markt gesehen. Neuere Forschungen gehen demgegenüber davon aus, dass Privatisierungsprozesse als Entstehung neuer Ordnungen zu analysieren sind: als Entstehung von "Wohlfahrtsmärkten" und von regulativer Staatlichkeit. Wohlfahrtsmärkte sind Märkte, in Bezug auf die der Staat einen besonderen "sozialen" Gestaltungsanspruch geltend macht. Regulative Staatlichkeit ist dementsprechend die andere Seite von Wohlfahrtsmärkten und meint - in Abgrenzung zu herkömmlicher Leistungsstaatlichkeit -, dass der Staat Wohlfahrtsgüter nicht selbst produziert, sondern die Produktion an nicht-staatliche Akteure delegiert und diese regulierend rahmt.
In diesem neueren Forschungsgebiet stellen sich Fragen wie: Wie unterscheiden sich Wohlfahrtsmärkte und dort operierende Anbieter von anderen Märkten bzw. anderen Marktanbietern? Wie ist die Relation zwischen Wohlfahrtsmärkten und Staat? Welche Einstellungen und ordnungspolitischen Konzeptionen haben die Marktakteure und die relevanten politischen Akteure? Zeigen Wohlfahrtsmärkte gesellschaftspolitisch einen "surrender of public responsibility" an (N. Gilbert; Abgabe öffentlicher Verantwortlichkeit) oder sind sie Ausdruck der Idee "market means, welfare ends" (P. Taylor-Gooby; Nutzung von Marktmechanismen zur Verfolgung sozialer Ziele)?
In der Veranstaltung wird die Analyse von Wohlfahrtsmärkten und regulativer Staatlichkeit anhand des Gebietes Alterssicherung (Folgen der Riesterreform von 2001) empirisch vertieft. Studierende werden angeleitet, Originalinterviews mit wirtschaftlichen und politischen Akteuren im Bereich private Altersvorsorge (Versicherer, Banken, Investmentfonds und ihre Verbände; Politik, Verwaltung, Behörden) und betriebliche Alterssicherung selbst zu analysieren. Zugrunde liegt ein erstklassiger Datensatz aus einem großen DFG-Forschungsprojekt.
Die Veranstaltung umfasst auch methodische Angebote:
Es besteht also die Chance, in einem gesellschaftspolitisch zentralen Gebiet authentisch zu forschen und sozialwissenschaftliche Methoden einzuüben.
Die Veranstaltung ist aufgrund des Workshop-Charakters auf 20 Teilnehmer beschränkt. Bevorzugt werden Studierende des MA Soziologie aufgenommen. Entsprechend den Vorschriften müssen sich Interessenten bis 1. August verbindlich anmelden. Bitte schicken Sie dazu (neben der Eintragung im eKVV) eine e-mail an lutz.leisering@uni-bielefeld.de und erläutern Sie darin in einigen Sätzen, warum Sie sich für diese Veranstaltung interessieren. Bis 10. August erhalten Sie Nachricht, ob Sie aufgenommen worden sind oder sich ein Auswahlverfahren anschließt.
Absolvierung des Einführungsmoduls (Master Soziologie) bzw. vergleichbare soziologische Vorkenntnisse bei Pädagogik-Studierenden; Besuch der parallelen Veranstaltung "Wohlfahrtsmärkte (Theorieseminar)" (300381) im selben Semester (montags 14-16 Uhr)
Leisering, Lutz, 2007: Privatisierung der Alterssicherung als komplexe Ordnungsbildung. Zur Entstehung von Wohlfahrtsmärkten und regulativer Staatlichkeit. S. 189-219 in: Ulrich Becker u.a. (Hg.), Alterssicherung in Deutschland. Baden-Baden: Nomos.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Enrollment until SoSe 2008) | H.S.2; H.S.3 | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie | Nebenfach | 2.4.8 | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Diplom | (Enrollment until SoSe 2005) | 2.4.8 | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | Modul 2.3 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) | ||
Soziologie / Master | (Enrollment until SoSe 2012) | Modul 1.3 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) |