220237 'So sehr verbarg seine Kunst alles Künstliche' - Pygmalion in der bildenden Kunst (S) (SoSe 2025)

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In dem aus dem 10. Buch der Metamorphosen von Ovid stammenden Pygmalion-Mythos erschafft ein Bildhauer eine ideale weibliche Statue, die auf seine Bitte hin von der Göttin Venus unter seinen Händen zum Leben erweckt wird. Dem Bildhauer Pygmalion gelingt damit eine lebendige Schöpfung, mit der im Gegensatz zu anderen Ursprungsmythen der bildenden Kunst (z.B. die Schattenzeichnung der Dibutade oder das Spiegelbild von Narziss) nicht etwas abgebildet oder nachgeahmt, sondern eigenständig erschaffen wird. Damit wird Pygmalion zum ‚Gründermythos des Simulacrums‘ (Victor I. Stoichita) und nicht der Mimesis.

Insbesondere im Frankreich des 18. Jahrhunderts, in dem auch die Statue durch Jean-Jacques Rousseau schließlich ihre Namen – Galatea – erhielt, entwickelte sich eine Affinität für das Thema. Obwohl Pygmalion ein Bildhauer ist, wurde das Thema hier vor allem in der Malerei umgesetzt. Das Interesse galt dabei dem Moment der Verwandlung oder genauer der Belebung. Die Verlebendigung wurde insbesondere durch den Übergang von Stein zu Haut dargestellt, wobei der Fokus auf dem Inkarnat und somit auf der Farbe lag. Dadurch konnte das Bildmotiv auch koloristische Positionen innerhalb der französischen Malerei festigen, die wenig zuvor noch umstritten waren ("Querelle du Coloris" des 17. Jahrhunderts). Auch in der Kunstbetrachtung wurde Pygmalion im 18. Jahrhundert zu einer Bezugsfigur. So ruft beispielsweise Johann Joachim Winckelmann 1764 in seiner Beschreibung des "Apollo von Belvedere“ Pygmalion auf: „[...] denn mein Bild scheint Leben und Bewegung zu bekommen, wie des Pygmalions Schönheit.“ Auch die individuellen Betrachter*innen beleben das Werk wie Pygmalion seine Statue. Ein Umstand, der sich auch in sozialen Praktiken des 18. Jahrhunderts, wie z.B. den nächtlichen Galeriebesuchen bei Fackelschein und den "tableaux vivantes", spiegelt. Da in letzterem Beispiel lebende Menschen zu Gemälden „erstarren“, betont es auch das im Thema der Verlebendigung grundsätzlich mitschwingende Verhältnis von Leben und Tod, das den Pygmalion-Mythos in der bildenden Kunst begleitet. Der Fokus auf dem Belebungsmoment unbelebter Materie war darüber hinaus insbesondere an materialistische Diskurse der Zeit anschlussfähig, wie sie exemplarisch in La Mettries "L’Homme-Machine" (1748) und Jacques de Vaucansons Automaten (z.B. "Canard de Vaucanson", 1739) Ausdruck finden.

Im Seminar widmen wir uns den verschiedenen Facetten des Pygmalion-Mythos und der Rolle des Simulacrums für die bildende Kunst sowie der Anschlussfähigkeit des Pygmalion-Mythos an künstlerische, literarische und philosophische Diskurse des 18. Jahrhunderts. Wir werden außerdem fragen, inwiefern die vermehrte Darstellung des Themas in der Malerei des 18. Jahrhunderts dem allgemeinen Interesse der Zeit am Mythos geschuldet ist oder dem Umstand zuzuschreiben, dass dieses insbesondere anhand des Inkarnats die Möglichkeit bot, ein selbstreflexives Moment in die Malerei einzuführen. Darüber hinaus soll ein kurzer Ausblick auf die Entwicklung des Pygmalion-Motivs und der Frage nach dem Simulacrum im 19. und 20. Jahrhundert erfolgen.

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