220100 Ist der Feudalismus noch zu retten? (K) (WiSe 2024/2025)

Der Begriff des Feudalismus hat in Geschichtskultur und öffentlichen Debatten einen festen Platz, wenn über vormoderne Gesellschaften gesprochen wird. Politiker*innen unterschiedlicher Couleur warnen angesichts wachsender ökonomischer Ungleichheit und dem Rückzug des Staates vor einer Rückkehr „feudaler Zustände“ und die Lehnspyramide (bzw. ihr Nachfolger, die Ständeordnung,) findet sich in nahezu jedem Schulgeschichtsbuch. Die Geschichtsforschung hat das Konzept des Feudalismus dagegen bereits vor Jahrzehnten zu Grabe getragen: Zu sperrig und mehrdeutig sei das Modell, zu marxistisch die dahinterstehende Geschichtsphilosophie. Auch die eng mit dem Feudalismus verbundenen Konzepte der Grundherrschaft und des Lehnswesens stehen in der Kritik, gelten sie doch als Konstruktionen späterer Jahrhunderte, die nicht die Sichtweise der Zeitgenoss*innen einfangen und sich bestenfalls regional nachweisen lassen. Der Kurs knüpft an diese Überlegungen an und fragt nach dem verbliebenen Erklärungspotential gängiger Feudalismus-Modelle.

Literaturangaben

Kuchenbuch, Ludolf: Marx, feudal. Beiträge zur Gegenwart des Feudalismus in der Geschichtswissenschaft, Berlin 2022.
Reynolds, Susan: The Middle Ages without Feudalism. Essays in Criticism and Comparison on the Medieval West (=Variorum Collected Studies 1019), Farnham 2012.