„Mit Geschichte will man was“, hat Alfred Döblin treffend konstatiert. Die breite Palette der verschiedenen Absichten, die auch eine literarische Reflexion über Vergangenes verfolgen kann, wird deutlicher, wenn das historische Erzählen in den Dienst einer gegenwartsorientierten Jugendliteratur gestellt wird. Das Erzählen über Vergangenheit vollzieht sich zwar auch hier – wie in der Erwachsenenliteratur – im (problematischen) Spannungsfeld von Fakt und Fiktion, doch wirken vor allem adressatenorientierte gesellschaftliche, bildungspolitische, erziehungsspezifische Aspekte in die Darstellung von Geschichte hinein. Da diese Faktoren wiederum ebenfalls einem gesellschaftlichen und ideologischen Wandel unterliegen, müssen sie möglichst exakt kontextualisiert und rekonstruiert werden, um diese geschichtliche und zeitgeschichtliche Literatur für Jugendliche angemessen einschätzen zu können.
Die große Beliebtheit, der sich die geschichtliche und zeitgeschichtliche Jugendliteratur selbst in einer Phase der unübersehbaren Dominanz von Fantasy als Leitgattung der aktuellen Jugendliteratur gegenwärtig wieder erfreut sowie der enorme Funktionswandel, den das historische Erzählen für Jugendliche in den letzten Jahrzehnten durchlief, lassen es gerechtfertigt erscheinen, die Bedeutung der historischen Jugendliteratur an ausgewählten Beispielen für die Erziehungskultur und die literarisch-historische Bildung der Gegenwart zu analysieren.
In den Fokus rücken während der Arbeit im Seminar ausgewählte internationale Neuerscheinungen sowie herausragende (zeit)geschichtliche Romane, Biografien und historische Erzählungen für Jugendliche, die in den letzten Jahrzehnten veröffentlicht worden sind. Im Seminar soll kritisch diskutiert werden, welchen Anteil geschichtsdarstellende Jugendliteratur an historischer Bildung, an der Aufarbeitung oder gar Bewältigung von Vergangenheit haben kann und inwiefern die Adressatenorientierung hierbei förderlich oder nachteilig ist. Wir wollen darüber reflektieren, welches literarische Potenzial spezifisch jugendliterarische Darstellungsformen wie beispielsweise diejenige von Catherine Jinks in "Pagan und die Tempelherren" (1992, dt. 2003) haben, wo der mittelalterliche Knappe Pagan auf einmal in der Jugendsprache eines Hip-Hopers der neunziger Jahre spricht oder welche Vor- und Nachteile für die historische Bildung es haben kann, wenn Michael Cadnum in seinem Jugendroman "Im Zeichen des Kreuzes" (2000, dt. 2001) den jungen Leser der Gegenwart mit einem (ähnlich wie in der Oral History) ungefilterten und unkommentierten subjektiven Bewusstseinsstrom literarisch konstruierter mittelalterlicher Erfahrung aus der Sicht eines jugendlichen Kreuzzugsreisenden konfrontiert.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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23-GER-PLit3 Autoren, Werke, Diskurse | Veranstaltung 1 (mit Modulprüfung) | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Veranstaltung 2 | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.