230326 Katholische Literaturbewegung: Richard Kralik und der Gralbund (S) (WiSe 2005/2006)

Die katholische Literaturbewegung stand um 1900 vor der Notwendigkeit, die modernen literarischen Entwicklungen mit ihrem eher traditionellen eigenen Denken vermitteln und in Form einer spezifisch modernen katholischen Literatur realisieren zu müssen. Genau dies machten sich in Österreich Richard Kralik und der von ihm 1906 gegründete "Gralbund" zur Aufgabe. Er wurde verstanden als »eine herrliche Verbindung von Religion und Leben, Volkstümlichkeit und Persönlichkeit, Modernem und Altem, Form und Inhalt«, wobei man sich insbesondere vom naturwissenschaftlich orientierten Naturalismus abzugrenzen suchte. Finden sich in der Zeitschrift des Bundes (Der Gral: Monatsschrift für schöne Literatur), die eher programmatischen Auseinandersetzungen, so in den vom Gralbund herausgegebenen Anthologien die literarischen Texten selbst. Allerdings scheinen diese den Modernitätsaspekt und damit die Programmatik insgesamt nur schwer einlösen zu können.

Im Seminar werden zunächst die wichtigsten Programmaufsätze aus der Zeitschrift behandelt, die Debatten mit und Abgrenzungen von anderen Zeitschriften (z.B. <i<Hochland'') analysiert, um schließlich die Textproduktion des Gralbundes selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Quer dazu steht die forschungsorientierte Frage nach theoretischen Modellen der Beschreibung solcher Gemengelagen von Zeitschrift, Literatur, Programmgruppe und Schriftstellerverband.

Da die Texte nur schwer zu erreichen sind, wird zu Beginn des Semesters ein Reader vorliegen.

Zur ersten Orientierung:

Rolf Parr: Gralbund (Wien). In: Handbuch literarisch-kultureller Vereine, Kreise und Bünde 1825-1933. Hrsg. von Wulf Wülfig, Karin Bruns und Rolf Parr. Stuttgart 1998, S. 182-187.