300088 Armut und Armutspolitik (Ü) (SoSe 2007)

Inhalt, Kommentar

Kinderarmut, "Hartz IV", die Unterschichtdebatte und Befürchtungen einer Wiederkehr von Altersarmut - diese aktuellen Stichworte belegen die Relevanz des Themas Armut in der Wohlstandsgesellschaft der BRD.

Armut ist eine uralte Befindlichkeit des Menschen und in den Entwicklungsländern weiterhin der Normalzustand für große Teile der Bevölkerung. Historisch gab und gibt es auch aus religiösen Gründen gesuchte Armut, ebenso wie Armenhilfe, die religiös begründet war/ist und mindestens ebenso dem Heil der Helfenden wie den Bedürfnissen der Armen dient(e). Als politisches Problem wurde Armut in Europa im 16. Jahrhundert entdeckt. Die damals entstehende kommunale, teilweise auf zentralstaatlichen Gesetzen beruhende Armenhilfe ist der Ursprung der modernen Sozialpolitik. Seitdem wird Armut und Armenhilfe in Schüben immer wieder zu einem gesellschaftlichen Thema. In der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wurde Armut und Verelendung zu einem schreienden sozialen Problem, wobei bald "Arme" von "Arbeitern" unterschieden wurden. In der Bundesrepublik wurde Armut, ausgelöst durch zunehmende Arbeitslosigkeit und Sozialleistungskürzungen, in den 1980er Jahren wiederentdeckt und ist seitdem ein Dauerthema.

Auch die EU nimmt sich seit den 1980er Jahren des Themas Armut an. Seit den 1990ern propagiert die EU auch den umfassenderen Begriff "soziale Exklusion". Auf dem EU-Gipfel von Laeken (2001) wurde ein Indikatorensystem zur Erfassung der Armutsentwicklung in den Mitgliedsstaaten konzipiert. Auf Weltebene ist Armutsbekämpfung seit den 1950er Jahren ein zentrales Anliegen der Entwicklungspolitik, das in den letzten Jahren erneut ganz oben auf die weltpolitische Tagesordnung gerückt ist, zuletzt als Teil der "Millenium Goals" der Vereinten Nationen (2000).

Armut scheint ein unmittelbar greifbares Phänomen zu sein. Tatsächlich ist die Definition und Analyse von Armut schwierig. Anhand des Themas Armut können soziologische Denkweisen und Methoden besonders gut veranschaulicht werden. Im Seminar geht es um folgende Fragen:

· Was ist eigentlich mit "Armut" gemeint? Was bedeutet es, von jemandem zu sagen, dass er/sie "arm" ist? Wie misst man Armut? Was ist an Armut problematisch?
· Was ist die gegenwärtige Armutsproblematik in Deutschland?
· Wie geht der Wohlfahrtsstaat mit Armut um? Wirkt Armutspolitik oder erzeugt sie gar selbst Armut? Wie wird Armut und Armutspolitik in der politischen Öffentlichkeit thematisiert?
· Wie unterscheiden sich Länder in Bezug auf Armut und Armutspolitik? Wie wird Armut durch internationale Akteure - in Europa die EU, weltweit die UN, UNICEF, Weltbank, ILO u.a. - thematisiert und bekämpft?

Lernziele:
· Exemplarische Einführung in Aspekte der Policy-Analyse, einschließlich politischer Mehr-Ebenen-Analyse (Nationalstaat, EU, Welt)
· Einüben methodischer Aspekte empirischer Sozialforschung (Begriffsbildung und -operationalisierung, Datenbasen, vergleichende Methode, Dokumentenanalyse, Umgang mit amtlicher Statistik)
· Exemplarisches Erkunden der "sozialen Konstruktion" sozialer Probleme
· Einüben der Fähigkeit, aktuelle politische Debatten wissenschaftlich zu hinterfragen. Dabei soll anhand des hochgradig moralisch besetzten Themas Armut die Wertproblematik sozialwissenschaftlicher Forschung erkundet werden, also die Frage des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik.

Leistungsnachweis

· regelmäßige aktive Teilnahme
· Lesen der angegebenen Pflichtlektüre zu jeder Sitzung, dazu schriftliche Formulierung von je zwei nicht-trivialen Fragen
· Referat (problembezogene exemplarische Analyse oder Projekt zum Thema einer Sitzung) oder Hausarbeit gemäß der jeweiligen Prüfungsordnung.

Es wird empfohlen, Gruppenarbeiten (max. drei Personen) zu erstellen, da diese eine vertiefende Arbeit ermöglichen und vom Veranstalter intensiver betreut werden können.

Teilnahmenachweis:

· regelmäßige aktive Teilnahme
· Lesen der angegebenen Pflichtlektüre zu jeder Sitzung, dazu schriftliche Formulierung von je zwei nicht-trivialen Fragen
· Erstellen einer schriftlichen Zusammenfassung der Pflichtlektüre von drei Sitzungen.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Elementare Kenntnisse soziologischer Denkweisen und Kategorien (die auch im laufenden Semester in allgemeinsoziologischen Lehrveranstaltungen erworben werden können). Erwünscht ist Interesse an Sozialpolitik und die Bereitschaft, während des Semesters aktuelle sozialpolitische Debatten in Deutschland in den Medien zu verfolgen.

Literaturangaben

Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (2005)
www.bmgs.bund.de/download/broschueren/A332.pdf (auch auf website des Veranstalters, "Lehre"), Anhänge: www.bmgs.bund.de/download/broschueren/A332-Anhaenge.pdf

Petra Böhnke (2006): Am Rande der Gesellschaft. Risiken sozialer Ausgrenzung. Opladen: Verlag Barbara Budrich (zum umfassenderen Thema soziale Ausgrenzung)

Petra Böhnke und Jan Delhey (2001): Lebensstandard und Einkommensarmut. Plädoyer für eine erweiterte Armutsforschung, in: Eva Barlösius und Wolfgang Ludwig-Mayerhofer (Hg.), Die Armut der Gesellschaft, Opladen: Leske und Budrich

Lehrende

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Fachzuordnungen

Studiengang/-angebot Gültigkeit Variante Untergliederung Status Sem. LP  
Frauenstudien (Einschreibung bis SoSe 2015)    
Geschichtswissenschaft / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2011) Kern- und Nebenfach Modul 2.7 Wahlpflicht 4 scheinfähig  
Politikwissenschaft / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2009) 2.2a    
Sozialwissenschaften / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2008) KF: Modul 5 Wahlpflicht 2 (bei Einzelleistung 5 LP)  
Sozialwissenschaften / Lehramt Sekundarstufe I B4; B2 Wahlpflicht HS
Sozialwissenschaften / Lehramt Sekundarstufe II B4; B2 Wahlpflicht HS
Sozialwissenschaften GymGe als zweites Unterrichtsfach / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2008) Modul 5a Wahlpflicht 2. 2 (bei Einzelleistung 3 LP)  
Sozialwissenschaften GymGe Fortsetzung BA-Nebenfach / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2008) Modul 5a Wahlpflicht 2. 2 (bei Einzelleistung 3 LP)  
Soziologie / Diplom (Einschreibung bis SoSe 2005) 1.5.8 Wahlpflicht nicht scheinfähig (Teilnahmenachweis gemäß DPO 2002) GS

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Hinweise:
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Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Freitag, 11. Dezember 2015 
Letzte Änderung Zeiten:
Dienstag, 9. Januar 2007 
Letzte Änderung Räume:
Dienstag, 9. Januar 2007 
Art(en) / SWS
Übung (Ü) / 2
Einrichtung
Fakultät für Soziologie
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