Die Beziehungen zwischen antisemitismuskritischen und postkolonialen Positionen sind oft kompliziert und konfliktiv. Aktuelle Beispiele dafür sind der derzeitige Eklat auf der Documenta 15 aufgrund antisemitischer Motive auf Gemälden palästinensischer und indonesischer Künstler-Kollektive, die Antisemitismusvorwürfe gegen das jüdische Museum in Berlin 2018 oder die Ausladung des postkolonialen Theoretikers und Philosophen Achille Mbembe von der Ruhrtriennale 2020.
Um so wichtiger ist es, pädagogische Antworten zu finden, die nicht weiter polarisieren und Erinnerungs- und Opferkonkurrenzen bestärken, sondern mögliche Verbindungen zwischen (post)kolonialer Gewalt und dem Holocaust aufzuzeigen, ohne Singularitäten und Besonderheiten in der globalen Gewaltgeschichte in Frage zu stellen.
Dieses Seminar möchte einen multidirektionalen Kontakt-, Erfahrungs- und Reflexionsraum bieten, in dem verschiedene Perspektiven, Positionen und Gedenktraditionen nicht nur eingebracht, sondern auch dialogisch weiter entwickelt werden sollen. Die damit verbundene Hoffnung wäre, Auswege aus dem erinnerungskulturellen Dilemma sich reibender Gedächtnisse zu finden. Dazu sollen kollektive Gewaltverbrechen wie der Kolonialismus, die Sklaverei und der Holocaust wechselseitig beleuchtet werden, ohne sie von einander abzuleiten, gleichzusetzen und in ein schlichtes Kontinuum zu stellen. Erkenntnisleitend wäre die Einsicht, dass wir historische Phänomene besser verstehen, wenn wir uns ihnen aus verschiedenen Perspektiven und mit dem Hintergrund unterschiedlicher Erfahrungen nähern. So könnten sich postkoloniale Perspektiven auf die Verbrechen des Nationalsozialismus und jüdische Sichtweisen auf den Kolonialismus als gewinnbringend erweisen.
Das dies auch ein heikles und gewagtes Unterfangen darstellt, liegt auf der Hand, insbesondere, wenn das Thema von einer weißen nicht-jüdischen und nicht-muslimischen Person angeboten wird. Andererseits bietet die Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex auch die Chance, sich den eigenen Verstrickungen in Antisemitismus und Rassismus zu stellen und sprechfähig zu werden, wo sich sonst oft nur Schweigen breit macht. Ziel wäre es, Moralisierungen, Anklagen und Ausschlüsse zu vermeiden und eigene Unsicherheiten, Widersprüche und Dilemmata zuzulassen.
Folgende Themen und Fragen sollen im Seminar behandelt werden:
- Der Seminarraum als Konfliktzone: Wie umgehen mit Kontroversen, Vorwürfen und Verletzungen?
- Antisemitismus und Rassismus: Unterschiedliche Herrschaftsformen mit Berührungspunkten.
- Multidirektionale Erinnerungspädagogik: Bedingungen für ein gemeinsames und verbindendes Erinnern an Kolonialismus, Sklaverei und den Holocaust.
- Elemente einer solidarischen, empathischen und inklusiven Erinnerungskultur.
- Was schulden wir den Anderen? Historische und komparative Gerechtigkeit.
- Multiperspektivische Geschichtsvermittlung, heterogene Erinnerungskulturen und agonistische Narrationen im postmigrantischen Klassenzimmer.
- Wo verlaufen die Grenzen zwischen Kritik an der israelischen Politik und israelbezogenem Antisemitismus?
- Kontroversen um das vermeintliche „weißsein“ von Juden und Jüdinnen.
- Der Holocaust als singulärer Zivilisationsbruch: Ein eurozentrische Perspektive?
- Jüdische Stimmen in postkolonialen Diskursen und postkoloniale Stimmen in der Antisemitismusdebatte.
- Gojnormativität: Die privilegierte Positionen des Nicht-Jüdischen im antisemitischen Herrschaftsverhältnis.
- (Post)migrantische Bündnisse: Wie lassen sich die Kämpfe gegen Antisemitismus und (antimuslimischen) Rassismus verbinden?
- Intersektionale Konzepte für antisemitismuskritische und rassismuskritische Bildungsarbeit.
In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/erziehungswissenschaft/studium-und-lehre/einrichtungen/bie/faq-stundenplan/
Master of Arts: Voraussetzung ist die Einschreibung im Master of Arts Erziehungswissenschaft im WiSe22_23.
M.Ed. UFP: Voraussetzung ist die Einschreibung im Master of Education, Unterrichtsfach Pädagogik im WiSe22_23.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-ME-A4 Inhaltliche Fokussierung | E1: Inhaltliche Fokussierung 1 | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
E2: Inhaltliche Fokussierung 2 | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation | |
25-ME-B4 Inhaltliche Fokussierung | E1: Inhaltliche Fokussierung 1 | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
E2: Inhaltliche Fokussierung 2 | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation | |
25-ME-C1 Historische und systematische Aspekte der Migrationspädagogik, Civic- and International Education | E1: Migrationspädagogik and International Education | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
25-ME-C1-MGS-wp Historische und systematische Aspekte der Migrationspädagogik, Civic- and International Education | E1: Migrationspädagogik and International Education | Studienleistung
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Studieninformation |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
25-ME-C4 Inhaltliche Fokussierung | E1: Inhaltliche Fokussierung 1 | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
E2: Inhaltliche Fokussierung 2 | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation | |
25-ME3 Forschungsprojekt | E1: Thematische Einführung | Studienleistung
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Studieninformation |
25-ME3-IT Forschungsprojekt | E1: Thematische Einführung | Studienleistung
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Studieninformation |
25-UFP6-C Fachbezogene Vertiefung: Migrationspädagogik, Civic- and International Education | E1: Migrationspädagogik and International Education | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
30-MGS-3 Hauptmodul 2: Sozialisation und Bildung | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: