Bürgerkriege sind in unserer Zeit ein verbreitetes Phänomen, und fast jeder glaubt zu wissen, was mit der Bezeichnung gemeint ist. Diese Intuition trifft auf einer Ebene allgemeiner Merkmale sicher zu; gleichwohl hat die politikwissenschaftliche Forschung Mühe, klare Kategorien und eine umfassende Typologie zu entwickeln; s. bündig R. Rotte / B. Fassbender, Bürgerkrieg, Staatslexikon, 8. Aufl., Bd. 1 (2017), 929‒936. Das gleiche gilt für die historische Forschung, auch zur Antike. Manche Forscher sehen innere Unruhen und Verweigerung bereits beim Zusammenbruch der Mykenischen Paläste am Werk. Staseis (sowohl „Parteiungen“ als auch „innere Kämpfe“) waren in griechischen Stadtstaaten seit dem 7. Jh. v.Chr. häufig, und Thukydides’ Pathologie der Stasis auf Korkyra (Korfu) kurz vor dem Peloponnesischen Krieg zählt zu den ewig jungen Texten der politischen Literatur. Die inneren Unruhen und Bürgerkriege in Rom sind durch ihre Überlieferung in klassischen Texten zu Modellen in nachantiken politischen Debatten geworden. Wichtig bleibt es, auch benachbarte Phänomene, etwa soziale und religiöse Konflikte, in den Blick zu nehmen, um Verbindungen zu erkennen, aber auch abgrenzen zu können.
Im Seminar werden wir ‒ je nach Teilnehmerzahl ‒ drei Dinge tun: wichtige theoretisch-konzeptionelle sowie begriffsgeschichtliche Texte lesen, ferner zentrale antike Zeugnisse genau verhören und schließlich Ursachen, Verläufe und Ergebnisse von antiken ‚Bürgerkriegen‘ in Fallstudien erarbeiten.
Das Seminar bildet zusammen mit der gleichnamigen, als Vorlesung + Übung ausgewiesenen LV 220079 einen einheitlichen Block, d.h., beide Veranstaltungen müssen besucht werden, um sinnvoll teilnehmen zu können. Die Sitzungen in ihrer Abfolge wie in sich sind individuell phasiert.
Das Grundmodul Antike sollte erfolgreich absolviert sein.
E. Newman / K. Derouen (Hgg.), Routledge Handbook of Civil Wars (2014); Raimund Schulz / Uwe Walter, Griechische Geschichte ca. 800‒320 v.Chr. (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 50.1-2), 2 Bde. (2022); Uwe Walter, Politische Ordnung in der römischen Republik (Enzyklopädie der griechisch-römischen Antike, 7) (2017); Alfred Heuß, Das Revolutionsproblem im Spiegel der antiken Geschichte, in: HZ 216 (1973), 1‒72; G.E.M. De Ste. Croix, The Class Struggle in the Ancient Greek World. From the Archaic Age to the Arab Conquestes (1981); Henning Börm u.a. (Hgg.), Civil War in Ancient Greece and Rome (2019); Andrew W. Lintott, Violence, Civil Strife, and Revolution in the Classical City 750‒330 b.C. (1982); Hans-Joachim Gehrke, Stasis. Untersuchungen zu den inneren Kriegen in den griechischen Staaten des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. (1985); Astrid Dössel, Die Beilegung innerstaatlicher Konflikte in den griechischen Poleis vom 5.‒3. Jahrhundert v.Chr. (2003); Henning Börm, Mordende Mitbürger. Stasis und Bürgerkrieg in griechischen Poleis des Hellenismus (2019); Brian W. Breed u.a. (Hg.), Citizens of Discord. Rome and its Civil Wars (2010); Richard Westall (Hg.), The Roman Civil Wars: A Houese Divided, Hermathena 196/197, 2014 (2018); Carsten Hjort Lange / Frederik Juliaan Vervaet (Hgg.), The Historiography of Late Republican Civil War (2019); Ronald Syme, Die römische Revolution. Machtkämpfe im antiken Rom (Neuausgabe 2003, zuerst 1939); Josiah Osgood, Caesar’s Legacy. Civil War and the Emergence of the Roman Empire (2006); Egon Flaig, Den Kaiser herausfordern (1992; Neubearb. 2019); Joachim Szidat, Usurpator tanti nominis. Kaiser und Usurpator in der Spätantike (337–476 n. Chr.) (2010); Rene Pfeilschifter, Der Kaiser und Konstantinopel. Kommunikation und Konfliktaustrag im hauptstädtischen Interessengeflecht vom späten vierten bis zum frühen siebten Jahrhundert (2013).
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
---|---|---|---|
22-3.1 Hauptmodul Vormoderne
3.1.1 |
Seminar Vormoderne | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
22-3.8 Wahlfreies Hauptmodul
3.1.1 |
Seminar | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Neben zwei kleineren Studienleistungen im Seminar ist eine Hausarbeit im Umfang von 20 bis 25 Seiten anzufordern. Nähere Angaben im Modulhandbuch.