250305 Kapitalismus, Staat und die Möglichkeit kritischer Bildung und Erziehung. Ein Seminar zur Herrschaftskritik bei Karl Marx und Antonio Gramsci (BS) (WiSe 2012/2013)

Inhalt, Kommentar

In diesem einführenden Seminar wollen wir uns im ersten Teil anhand eines einleitenden Buches von Michael Heinrich mit dem Werk von Karl Marx beschäftigen, bzw. genauer mit seiner Kritik der politischen Ökonomie. Hier soll es darum gehen, ein basales Verständnis der kapitalistischen Gesellschaftsform zu erarbeiten. Zentral ist dabei die Einsicht, dass Kapitalismus nicht auf „die Wirtschaft“ zu reduzieren, sondern vielmehr als eine umfassende Dimension gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse zu begreifen ist. Dies impliziert, dass Herrschaft in der kapitalistischen Gesellschaft nicht mit einer bestimmten Personengruppe (z.B. die PolitikerInnen, die Reichen, die Chefs) identifiziert werden kann, sondern als systemisch und subjektlos sich vollziehender Zwang gedacht werden muss. Diesem Zwang sind zunächst einmal alle in diesen Verhältnissen lebenden Menschen unterworfen sind – wenn auch in je unterschiedlich privilegierter oder benachteiligter Position innerhalb der von der kapitalistischen Formation hervorgebrachten Klassengesellschaft (die wiederum ihrerseits verschränkt ist mit anderen Herrschaftsverhältnissen, wie dem Rassismus und dem patriarchalen Geschlechterverhältnis). Auch die staatlichen Einrichtungen bzw. die Form des Staates selber sind in marxistischem Verständnis nicht unabhängig von der kapitalistischen Gesellschaft zu verstehen, sondern ein genuiner und funktionaler Teil dieser Gesellschaft.

Antonio Gramsci war ein italienischer Marxist, der unter dem Eindruck der Niederlage der europäischen ArbeiterInnenbewegung nach dem ersten Weltkrieg einige Überlegungen zur Frage einer kritischen Bildung und Erziehung angestellt hat, die mit der Hoffnung auf eine Überwindung der kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse verbunden sind. In Bezug auf die Frage wie Bildung zu denken und möglicherweise zu arrangieren ist, setzt Gramsci am Alltagsverstand der Menschen an. Denn das Problem einer jeden kritischen Bildung und mit ihr verbundenen Hoffnung auf Veränderung herrschaftsförmiger gesellschaftlicher Verhältnisse ist, dass sowohl die Subjektivität der Menschen – also ihr Selbst- und Weltverständnis – als auch ihre gemeinsam gelebte Alltagspraxis als Teil und Hervorbringung eben dieser gesellschaftlichen Verhältnisse verstanden werden können und nicht etwa unabhängig davon sind.

Wie denkt Gramsci also die Möglichkeit der pädagogischen und zugleich politischen Veränderung von Subjektivität und Verhältnissen? An welche Grenzen stößt kritische Bildung im Kapitalismus – unter anderem auch, da das Bildungssystem in wesentlichen Teilen staatlich verfasst und organisiert ist (Schule, sozialpädagogische Einrichtungen etc.)?

Mit diesen Fragen wollen wir uns im Seminar auf einer einführenden und grundständigen Ebene beschäftigen. Vorausgesetzt werden keine Vorkenntnisse, jedoch ein gewisses Interesse an gesellschaftstheoretischen und politischen Fragestellungen.

Literaturangaben

Bernhard, Armin (2005): Antonio Gramscis politische Pädagogik. Grundrisse eines praxisphilosophischen Erziehungs- und Bildungsmodells. Hamburg.
Gramsci, Antonio/ Merkens, Andreas (Hrsg.) (2004): Erziehung und Bildung. Hamburg.
Heinrich, Michael (2005): Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. Stuttgart.
Mayo, Peter/ Hirschfeld, Uwe (2006): Politische Bildung bei Antonio Gramsci und Paulo Freire. Perspektiven einer verändernden Praxis. Hamburg.
Merkens, Andreas/ Rego Diaz, Victor (Hrsg.) (2007): Mit Gramsci arbeiten. Texte zur politisch-praktischen Aneignung Antonio Gramscis.

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Blockseminar (BS) / 2
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Fakultät für Erziehungswissenschaft
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