Erich Kästner war nicht nur ein überaus vielseitiger Lyriker, Publizist, Journalist, Romancier, Theater- und Kabarettautor, er war und ist vor allem einer der international bekanntesten deutschsprachigen Kinderbuchautoren des 20. Jahrhunderts. Mit Romanen wie „Emil und die Detektive“, „Der 35. Mai“, „Das fliegende Klassenzimmer“, „Das doppelte Lottchen“ oder „Die Konferenz der Tiere“ hat er sich einen festen Platz im Kanon der Kinderliteratur gesichert. Doch zu seinem facettenreichen kinderliterarischen Werk zählen auch Kinderlyrik wie „Das verhexte Telefon“, kinderorientierte Adaptationen von sogenannten „Klassikern“ wie „Münchhausen“ oder „Till Eulenspiegel“ und eine hochreflektierte Kindheitsautobiographie, die unter dem Titel „Als ich ein kleiner Junge war“ erschien.
Kästners Werke für junge Leserinnen und Leser entstanden in einer politisch brisanten Zeit zwischen der Spätphase der Weimarer Republik und der Bundesrepublik der sechziger Jahre. Die extremen politischen Brüche und Spannungen des 20. Jahrhunderts haben auch in diesen Büchern ihre (mit einigem Nachdenken deutlich sichtbaren) Spuren hinterlassen. Das kinderliterarische Werk gibt bei genauerer Betrachtung klar zu erkennen, dass der Verfasser ein „poeta doctus“ gewesen ist, den es zu entdecken gilt. In diesem Kontext ist anhand konkreter Beispiele zu fragen: Was für ein Kindheitsbild vermitteln Kästners Kinderbücher als Antwort auf die politischen Geschehnisse des 20. Jahrhunderts? Was für ethische und literarische Grundannahmen bestimmen Kästners Ästhetik des Kinderbuchs? Welche Rolle spielt Humor in diesen Texten? Was erscheint warum am kinderliterarischen Werk von Kästner nach wie vor modern und aktuell, was trennt die Gegenwart aus welchen Gründen von seinen Ansichten?
Ein weiterer Schwerpunkt der gemeinsamen Seminararbeit wird auf der Analyse medienspezifischer Adaptationen von Kästners Kinderliteratur liegen: Wie gelingt es in den zahlreichen Verfilmungen und anderen medialen Adaptationen, mit den Möglichkeiten des jeweiligen Mediums den Sprachwitz, das strenge Formbewusstsein und die ästhetisch avancierte Kompositionsstruktur der literarischen Vorlagen zu vermitteln? Wie hat Kästner es verstanden, sein kinderliterarisches Werk nach der Devise „Der Schriftsteller als Kaufmann“ immer auch geschickt im „Medienverbund“ zu vermarkten und sich als „Star“ zu inszenieren? – Diesen und anderen Fragen soll das Seminar in lebendiger und kritischer Auseinandersetzung mit dem kinderliterarischen Werk nachgehen.
Folgende Texte werden behandelt, auf die sich auch die Reflexion über medienspezifische Adaptationen im Seminar konzentrieren: "Emil und die Detektive" (1929), "Das verhexte Telefon" und "Arthur mit dem langen Arm" (1930), "Pünktchen und Anton" (1931), "Der 35. Mai, oder Konrad reitet über die Südsee" (1932), "Das fliegende Klassenzimmer" (1933), "Das doppelte Lottchen" (1949), "Die Konferenz der Tiere" (1949), "Als ich ein kleiner Junge war" (1957), "Der kleine Mann" (1963) und "Der kleine Mann und die kleine Miss" (1967) sowie ein bis zwei der sogenannten „Nacherzählungen“.
Vorkenntnisse: Das Seminar baut auf den Kenntnissen des Fachportals und den Basismodulen auf.
Teilnahemvoraussetzungen:
1.) Lektüre von Primärquellen bzw. fachwissenschaftlich fundierte Medienrezeption einer weiteren Quelle (z.B. Verfilmung, Hörspieladaptation, Kinderoper, Comicadaptation) sowie ggf. dazugehöriger fachwissenschaftlicher Sekundärliteratur im Umfang des im Modulhandbuch vorgegebenen Stundendeputats (mindestens sechs Kinderromane sind vollständig zu lesen).
2.) Zu jeder Sitzung werden aus den Reihen der Studierenden zwei in ihrer Besetzung wöchentlich alternierende kleinere Arbeitsgruppen gebildet, die als Expertenrunden fungieren: Je eine Arbeitsgruppe "Literaturanalyse/Interpretation" und eine Arbeitsgruppe "Medienanalyse". Erwartet wird von jedem Studierenden die Übernahme je einer Präsentation/Teilnahme an einer Diskussionsrunde im Team sowohl im Teilbereich "Literaturanalyse/Interpretation" (Dauer: zwei Drittel einer Sitzung) als auch im Teilbereich "Medienanalyse/Vermittlungswissen" (Dauer: ein Drittel einer Sitzung). Gegenstand ist das in der Seminarsitzung zu besprechende kinderliterarische Werk Erich Kästners und dessen ausgewählte medienspezifische Adaptation(en).
Nützliche Literaturhinweise werden zu Beginn der Veranstaltung bekannt gegeben.
Die Anschaffung der im Seminar behandelten Primärtexte Kästners wird dringend empfohlen.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Germanistik / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | BaGerP2G | 2/5 | |||
Germanistik / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | BaGerP2G | 2/5 | ||||
Germanistik (GHR) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | BaGerP2G | 2/5 |
Für einen qualifizierten Leistungsnachweis ist eine argumentativ strukturierte schriftliche Hausarbeit mit wissenschaftlichem Apparat (Fußnoten mit Nachweisen, Literaturverzeichnis) im Umfang von zehn bis fünfzehn Seiten notwendig.