239940 Politics of Nostalgia? Eine Kulturgeschichte der Nostalgie in den Amerikas (S) (SoSe 2012)

Das Seminar beschäftigt sich mit historischen Konjunkturen der Nostalgie in den Amerikas im 19. und 20. Jahrhundert, die einen konstanten Begleiter der Krisenerscheinungen in der großen Fortschrittserzählung der Modernisierung darstellen und zugleich Gegenstand einer umfassenden aktuellen Forschungsdebatte sind. Nostalgie lässt sich hierbei als rückwärtsgewandte Projektion des Selbst auf eine idealisierte Geschichte definieren und bewegt sich enstprechend im Spannungsfeld von verklärenden Erinnerungen, Erfindung von Traditionen, Gefühlsstrukturen (Williams), Kultur-, Gesellschafts- und Kapitalismuskritik, Elitarismus, Weltflucht und Dekadenz. Obwohl Nostalgie als soziales Krisenphänomen eine transhistorische Dimension aufweist, so legt das Seminar den Augenmerk insbesondere auf den engen Nexus zwischen Nostalgie und Moderne. Angesichts der massiven gesellschaftlichen und kulturellen Folgekosten der Modernisierung, Urbanisierung und Industrialisierung, die in den Amerikas mit dem Ethnozid an der indigenen Bevölkerung, der Sklaverei und dem internen Kolonialismus einhergehen, bietet Nostalgie einen sozio- bzw. individualpsychologischen Abwehrmechanismus zwischen Scham, Verdrängung und Ästhetisierung.
Neben einer Einführung in soziologische, politische und ästhetische Theoriebildung zur Nostalgie (W. Benjamin, F. Jameson, L. Hutcheon) beschäftigt sich das Seminar mit den folgenden Themenschwerpunkten:
Nostalgie und Indigenismus
Fin de Siècle, Weltschmerz und Eskapismus
Anthropologie als imperialistische Nostalgie
Ruinen als Fluchtpunkt der Moderne
Nostalgie der Kulturindustrie
Nostalgie, Ironie und postmoderne Intertextualität
Die Herangehensweise an die Themenschwerpunkte ist interdisziplinär geprägt und umfasst anthropologische, kultursoziologische und -philosophische, literatur- und filmwissenschaftliche Herangehensweisen.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Fähigkeit zum Verständnis englischsprachiger und vorzugsweise auch spanischer Literatur