220003 Körpergeschichte (GST+Ü) (WiSe 2010/2011)

„Why all the Fuss about the Body?“ fragte die us-amerikanische Mittelalterhistorikerin Caroline Bynum Mitte der 1990er Jahre. Das Theater um den Körper war zu dem Zeitpunkt und ist auch 15 Jahre später noch in vollem Gange. Denn die Erkenntnis, dass auch der menschliche Körper eine Geschichte hat, ja, dass er sich in den verschiedenen Kontexten, in denen er interpretiert und gesehen wird, jeweils verändert, ist noch relativ jung und keineswegs unumstritten. Mit die bekanntesten Mitstreiterinnen sind in der angloamerikanischen Forschung Judith Butler mit ihrem „Gender Trouble“ und „Bodies that Matter“ und in der deutschsprachigen Forschungslandschaft Barbara Duden, deren „Geschichte unter der Haut“ von 1987 als Beginn der hiesigen Körpergeschichte gesehen werden kann.
In der Übung soll ein Überblick über theoretische Debatten und verschiedene neuere Forschungsansätze, wie z.B die queer und die disability studies, erarbeitet werden. Thematisch steht die Frage nach dem historischen Wandel von Körperbildern und den wissenschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Prozessen, in die dieser Wandel eingebunden ist, im Mittelpunkt. Dabei wird es besonders um Körpererfahrungen und -bilder zur Zeit der Weltkriege im 20. Jahrhundert in Deutschland gehen, um Fragen u.a. nach den Auswirkungen der Erfahrungen von Gewalt und Invalidität auf die Gesellschaft.
Es wird v.a. die regelmäßige und aktive Teilnahme sowie die Übernahme kleinerer mündlicher und schriftlicher Arbeitsaufgaben erwartet.

Literaturangaben

Maren Lorenz, Leibhaftige Vergangenheit. Einführung in die Körpergeschichte, Tübingen 2000; Philipp Sarasin, Reizbare Maschinen. Eine Geschichte des Körpers 1765-1914; Sabine Kienitz, Beschädigte Helden: Kriegsinvalidität und Körperbilder 1914 – 1923, Paderborn 2008; Judith Butler, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Frankfurt/M. 1997; Barbara Duden, Geschichte unter der Haut. Ein Eisenacher Arzt und seine Patientinnen um 1730, Stuttgart 1987