230409 Die literarische Kritik an der familiären Verfälschung und Verdrängung der NS-Vergangenheit bei Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek (S) (WiSe 2010/2011)

Kurzkommentar

Beginn erst in der 2. Woche.

Inhalt, Kommentar

Die familiäre Verfälschung und Verdrängung der NS-Vergangenheit und von NS-Täterschaft mit fatalen Folgen für das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein im Hinblick auf die NS-Vergangenheit hat die Autoren Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek stets beschäftigt. Sicher hat das auch etwas damit zu tun, dass sich die Zweite Republik Österreich, in deren Kontext die drei Autoren stehen, immer besonders schwer im Umgang mit der NS-Vergangenheit getan hat.

Ingeborg Bachmann schreibt in der Erzählung "Unter Mördern und Irren" (1961): "Wir sind in Wien, mehr als zehn Jahre nach dem Krieg. 'Nach dem Krieg' - dies ist die Zeitrechnung." In der neuen Zeitrechnung geschieht das kaum Vorstellbare: Die Kluft zwischen nationalsozialistischen Tätern, opportunistischen Mitläufern und Opfern geht in ein trügerisches Einverständnis aller Seiten über. Bachmanns Vater war seit 1932 Mitglied der NSDAP. In dem soeben (Suhrkamp 2010) von H. Höller veröffentlichen "Kriegstagebuch" der jugendlichen Ingeborg Bachmann bricht sie mit der Kriegs- und NS-Täter-Generation, wenn sie konstatiert: "Nein, mit den Erwachsenen kann man nicht mehr reden."

Thomas Bernhard beschreibt die Fortsetzung des NS in seiner Schule nach 1945 in seinem autobiografischen Roman "Die Ursache. Eine Andeutung" (1975). In dem Stück "Vor dem Ruhestand" (1979) steht ein NS-Täter im Mittelpunkt und dessen Verdrängung und Mythifizierung seiner NS-Täterschaft innerhalb seiner Familie, wie sie typisch ist für die innerfamiliäre Tradierung eines falschen Bewusstseins im Hinblick auf die NS-Vergangenheit.

Elfriede Jelinek zeigt in ihrem Stück "Burgtheater" (1985) das Verhalten der berühmten Schauspielerfamilie Hörbiger/Wessely im NS und deren Umgang damit auf. Es folgt "Präsident Abendwind" (1987). Darin geht es um den österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim und dessen Umgang mit der eigenen NS-Vergangenheit. Und ganz neu geht es in dem Stück "Rechnitz (Der Würgeengel)" (2008) um die Gräfin Margit von Batthyany, eine Thyssen-Enkelin, die auf ihrem Schloss in Rechnitz an der österreichisch-ungarischen Grenze in der Nacht zum 25. März 1945 ein Fest mit SS-Offizieren und einheimischen Nazi-Kollaborateuren feiert. Gegen Mitternacht werden Waffen ausgegeben und die Partygesellschaft ermordet 180 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter. Die Gräfin wird niemals strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen. Die Täter fliehen ins Ausland. Das Schloss geht in Flammen auf. Bis heute werden die Leichen der Opfer nicht gefunden. Erst Jelinek begibt sich mit ihrem Stück erstmals auf die Spurensuche.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Die Teilnehmer/innen sollten mindestens jeweils einen der angegebenen Texte der Autoren Bachmann, Bernhard, Jelinek gelesen haben. Erwünscht sind ferner Grundkenntnisse über die Biografie und das Werk der drei Autoren.

Literaturangaben

Die Textausgaben der drei Autoren sind zumeist in Taschenbuchausgaben bei Suhrkamp, Rowohlt, Piper, Reclam ... etc. verfügbar. Einige Jelinek-Texte in der Internet-Homepage der Autorin. Die "Kriegstagebücher" Bachmanns (2010) sind jedoch nur in einer Hardcover-Ausgabe verfügbar.

Zur Einführung in die Thematik u.a.: Miriam Hefti, Aufbruch zum Leben. Das Kriegstagebuch (...) der jungen Ingeborg Bachmann. In: Neue Zürcher Zeitung, Mittwoch, 19. Mai 2010, Nr. 113, S. 21. Uwe Jahnke, Zur familiären Verfälschung von Geschichte in Thomas Bernhards Stück "Vor dem Ruhestand". In: Jahrbuch der Österreich-Bibliothek in St. Petersburg, Bd. 5, Österreichische Literatur und Kultur: Tradition und Rezeption, St. Petersburg 2003, S. 202 - 215.

Lehrende

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  

Zeige vergangene Termine >>

Fachzuordnungen

Studiengang/-angebot Gültigkeit Variante Untergliederung Status Sem. LP  
Germanistik / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2011) Kern- und Nebenfach BaGerP2L; BaGerP2G   2/5  
Germanistik / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2014) BaGerP2L; BaGerP2G   2/5  
Germanistik (GHR) / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2014) BaGerP2L; BaGerP2G   2/5  

Leistungspunkte werden in der Regel durch Präsentationen und Referate im Verlauf der Veranstaltung vergeben.

Kein E-Learningangebot vorhanden
registrierte Anzahl: 41
Dies ist die Anzahl der Studierenden, die die Veranstaltung im Stundenplan gespeichert haben. In Klammern die Anzahl der über Gastaccounts angemeldeten Benutzer*innen.
eKVV Teilnahmemanagement:
Bei dieser Lehrveranstaltung wird das eKVV-Teilnahmemanagement genutzt.
Details zeigen
Teilnahmebegrenzung:
Begrenzte Anzahl Teilnehmer*innen: 40
Adresse:
WS2010_230409@ekvv.uni-bielefeld.de
Lehrende, ihre Sekretariate sowie für die Pflege der Veranstaltungsdaten zuständige Personen können über diese Adresse E-Mails an die Veranstaltungsteilnehmer*innen verschicken. WICHTIG: Sie müssen verschickte E-Mails jeweils freischalten. Warten Sie die Freischaltungs-E-Mail ab und folgen Sie den darin enthaltenen Hinweisen.
Falls die Belegnummer mehrfach im Semester verwendet wird können Sie die folgende alternative Verteileradresse nutzen, um die Teilnehmer*innen genau dieser Veranstaltung zu erreichen: VST_19382801@ekvv.uni-bielefeld.de
Reichweite:
1 Studierende direkt per E-Mail erreichbar
Hinweise:
Weitere Hinweise zu den E-Mailverteilern
Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Freitag, 11. Dezember 2015 
Letzte Änderung Zeiten:
Mittwoch, 7. Juli 2010 
Letzte Änderung Räume:
Mittwoch, 7. Juli 2010 
Art(en) / SWS
Seminar (S) / 2
Einrichtung
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
Fragen oder Korrekturen?
Fragen oder Korrekturwünsche zu dieser Veranstaltung?
Planungshilfen
Terminüberschneidungen für diese Veranstaltung
Link auf diese Veranstaltung
Wenn Sie diese Veranstaltungsseite verlinken wollen, so können Sie einen der folgenden Links verwenden. Verwenden Sie nicht den Link, der Ihnen in Ihrem Webbrowser angezeigt wird!
Der folgende Link verwendet die Veranstaltungs-ID und ist immer eindeutig:
https://ekvv.uni-bielefeld.de/kvv_publ/publ/vd?id=19382801
Seite zum Handy schicken
Klicken Sie hier, um den QR Code zu zeigen
Scannen Sie den QR-Code: QR-Code vergrößern
ID
19382801